Home
Download
Zufallsgenerator
Textproben
|
Beiträge von REBECCA
REBECCA: Der Raum der Begegnung hebt sich von
allem ab, was danach kommt. Er liegt vor jeder
Entscheidung. Sein Reiz besteht in diesem Offenen.
REBECCA: Die erste Liebe übt oft eine bestimmte
Wirkung auf die Beschaffenheit der späteren
Liebesgefühle aus. Salome hatte das Glück, Jesus
zu begegnen.
REBECCA: Objektive Schönheit existiert nicht. Die
Auffassung von Schönheit ist an Moden gebunden,
und die Gesellschaft legt ihre Werte fest. Das
Ideal ist wandelbar.
REBECCA: Anziehung durch Intellekt, durch geistige
Fähigkeiten fasziniert mich am meisten. Dahinter
kann Schönheit verblassen. Ich nehme Männer vor
allem über ihre Sprache wahr. Allein die Worte
stillen meinen Liebeshunger.
REBECCA: Beide Positionen sind auch in einer
Person denkbar. Entweder man wählt sich den, der
ähnlich ist und aus ähnlichen Landschaften kommt -
das können auch geistige Landschaften sein -, oder
man sucht sich jemanden, der seinen Utopien
entspricht. Ich könnte mir beides vorstellen.
REBECCA: Gemeinsamkeiten werden durch Beruf,
Arbeit oder Studienfach im Laufe des Lebens jedoch
zunehmend wichtiger.
REBECCA: Der Möchtegern-Therapeut wählt die
Therapiebedürftige.
REBECCA: Der Druck der Eltern ist vehement, wenn
eine sogenannte Mesalliance droht.
REBECCA: Und doch belastet es.
REBECCA: Jetzt wird es aber unerträglich! Ihr
zerredet ja alles! Vorlieben, Prägungen,
Strategien, Prestige, Reizmuster: Das Spannende in
der Liebe sind doch Begegnungen, die diese
Festlegungen durchbrechen. Ein Mensch ist nicht
die Summe seiner Beschränkungen, er ist in
Bewegung, und Liebe bedeutet Veränderung. Du löst
dich von allem, was du warst, du liebst plötzlich
Dinge, die du bisher nicht kanntest.
REBECCA: Und an der Anonymität und dem Ungewissen
entzünden sich die Gefühle. Du steigerst dich da
hinein, verzweifelst daran, die Adresse verloren
zu haben und begibst dich auf die Suche. Oder du
fühlst dich belebt von diesem neuen Raum der
Imagination in deinem Inneren, in dem du fühlst,
daß der andere von dir und deinen Phantasien weiß.
REBECCA: Himmel, ich hoffe, du willst mich niemals
verführen.
REBECCA: Was sagt die erste Lektion?
REBECCA: Hinter dem Verzicht auf aktive Eroberung
steckt doch oft Angst. Es ist verletzend, ein
Interesse zu bekunden, das nicht erwidert wird.
REBECCA: Und wo bleibt die Sinnlichkeit bei dieser
Simulation?
REBECCA: Das weibliche Pendant war Messalina.
Diese Römerin hatte eine ausgesprochene Neugier
für alles Sexuelle, blieb jedoch ohne jede
sinnliche Erregung. Sie verbot sich den Orgasmus,
der sie dem Mann ausgeliefert hätte. Messalinen
haben zahllose Verhältnisse, bleiben aber immer
gefühllos. Sie suchen die Liebe und finden keine
Erfüllung. Der Mann ist für sie der Rivale, gegen
den sie kämpfen.
REBECCA: Ich habe die Figur des Don Juan immer
verabscheut. Er verläßt die Frauen mit einem
höllischen Lachen, während der Knecht in der
Buchführung einen Frauennamen hinzufügt.
REBECCA: Ingeborg Bachmann hat es demonstriert.
Sie ließ in Gegenwart mehrerer Männer ein
Taschentuch fallen, die Männer bückten sich, und
ihre Köpfe stießen unter ihr zusammen.
REBECCA: Wie auch die Taktik, die eigene
Liebenswürdigkeit und die Fähigkeit zur
Zärtlichkeit im Umgang mit Dritten zu
demonstrieren. Da umarmt die Mutter zärtlich ihr
Kind und blickt den anderen Mann ausdrucksvoll an.
Von Einzigartigkeit und Einmaligkeit bleibt da
keine Spur.
REBECCA: Noch geeigneter sind Reisen. Das
Sich-Zeigen wird mit dem Prinzip des Unbekannten
kombiniert. Nichts ist der schnellen Begegnung so
förderlich wie die zeitliche Begrenzung.
REBECCA: Hector lockt die Frauen.
REBECCA: Das sind typische Szenen einer Bahnreise.
REBECCA: Schönheit beginnt mit einem schönen
Blick.
REBECCA: Ich kenne das Gegenteil. All diese Dinge,
die die Körperlichkeit und die erotische Anziehung
betreffen, haben bei mir eine unendliche
Verweigerungshaltung hervorgerufen. Ich habe
selbst nie meine Weiblichkeit betont, sondern mich
eher in formlosen Pumphosen unsichtbar gemacht.
Ich könnte auch nicht sagen, was die äußere
Anziehungskraft eines Menschen ausmacht.
REBECCA: In keiner anderen Situation, in keinem
anderen Augenblick zeigt sich eine Person so
unverstellt und offenbart sich so rückhaltlos wie
beim Sex. Da hast du einen Menschen in jedem Sinn
nackt vor dir. Nackt und grenzenlos verletzbar –
wie man selbst.
REBECCA: Körperliche 'moments of being'?
REBECCA: Das kann man vermeiden, wenn man
aufmerksam ist.
REBECCA: Genau. Mit der Zeit wächst die Fähigkeit,
auf immer feinere Begehren des anderen einzugehen
und auch an sich selbst solche feinen, flüchtigen
Begierden zu entdecken. So würde die mögliche Lust
immer farbiger, immer ausgetüftelter.
REBECCA: Zu welcher Lust dein Körper fähig ist,
erfährst du erst allmählich mit dem anderen.
REBECCA: Es gibt Ekel, die zu tief liegen. Was
meinst du, was manche Mütter ihren Töchtern von
den Geschlechtsteilen der Männer erzählen.
REBECCA: Dann aber ist Sex auch ein bewußter
Prozeß, fast eine Arbeit mit dem anderen. Man
müßte miteinander sprechen, etwas absichtsvoll
versuchen, Scham überwinden wollen.
REBECCA: Der Sex kann die Liebe boykottieren.
REBECCA: Die Mode bringt den fetischistischen Kern
ans Licht: Das Androgyne ist ein als Frau
verkleideter Phallus!
REBECCA: Vorspiel ist sowieso eine
diskriminierende Bezeichnung, wahrscheinlich die
Erfindung eines Mannes. Das heißt doch: Das
eigentliche Spiel kommt noch, nämlich das
genitale, das 'richtige'. Wir schaffen den Begriff
ab!
REBECCA: Eine Frau, die ein bewußtes Verhältnis zu
ihrem Körper hat, braucht eine größere
Vertrautheit zu einer Person als ein Mann, damit
Sex möglich ist. Bevor ich mit einem Mann schlafe,
möchte ich weitreichende Sympathie empfinden.
Vielleicht weil ich diejenige bin, die etwas
aufnimmt. Das geht tiefer als für einen Mann.
REBECCA: Solche Phantasien sind mir nicht fremd.
Aus einer früheren Beziehung kenne ich die andere
Seite. Wir arbeiteten zusammen in unserem
Gemüsegarten, ich lockerte den Boden mit einer
dreizackigen Hacke auf, und plötzlich überkam mich
die Vorstellung, ihm damit den Kopf einzuschlagen.
Dieser Gedanke wurde so überwältigend, daß ich die
Hacke ganz schnell aus der Hand legte. Damit ist
unsere Kleingartenidylle auf den Punkt gebracht.
REBECCA: Diese Phantasien habe ich dauernd. Ich
will ihn schwanger machen, und wenn ich ihm das
erzähle, wird er ganz bleich im Gesicht und fragt
ratlos, wie ich das denn meine, woraufhin ich ihn
nur vielsagend anlächele.
REBECCA: Das ist Eis am Stiel.
REBECCA: Mir hat das immer widerstrebt, Reizwäsche
anzuziehen. Ich würde mich dann so ausgestellt
fühlen. Und dabei wollte ich nie gesehen werden.
Bei Männern achte ich überhaupt nicht darauf. Ich
könnte keine Unterwäsche beschreiben.
REBECCA: Ja, das hat sicher etwas mit meiner
Geschichte zu tun. Bestimmte körperliche Regungen
und Geräusche kann ich bei einem Mann nicht
ertragen, wenn er zum Beispiel beim Essen schnauft
und schlürft oder wenn er schnarcht und gluckst.
Da könnte ich ausrasten. Diese Überempfindlichkeit
und Vergewaltigungsphantasien – ich meine das
Vergewaltigtwerden – hängen zusammen... Aber was
du sagst, stimmt schon. Die Phantasie in die
richtigen Worte zu kleiden, die nicht so abstrakt
sind, also Bilder zu finden für die Liebe, das ist
mir wichtig.
REBECCA: Mit Schimmelpilzen.
REBECCA: Hast du Angst, daß du irgendwo gerinnst?
REBECCA: Aber ist die Phantasie, die eigene
geistig oder körperlich bewahrte
'Liebes'-Geschichte in seine Nachkommmen
hineinzulegen, nicht eine
Wahlverwandschaften-Phantasie? In Goethes Roman
ist es ja auch so, daß die Gedanken an den
Geliebten während des Beischlafes mit dem anderen
das Kind nach dem Bilde des abwesenden Geliebten
formt.
REBECCA: Man muß ja nicht unbedingt zu dritt im
Bett liegen und sich gegenseitig erregen. Es gibt
diesbezüglich auch Phantasien ganz anderer Art,
zum Beispiel dich selbst durch die Herstellung
eines Dreierverhältnisses zum Verschwinden zu
bringen. Du betreibst damit deine eigene
Auslöschung, indem du dich durch eine andere Frau
an der Seite des Mannes ersetzen läßt. Du läßt
dich von ihr bis auf den Atem ersetzen. Marguerite
Duras schreibt das in der Verzückung des Lol V.
Stein: "In dem Maße, wie der Körper der Frau dem
Manne sichtbar wird, schwindet der ihre dahin,
schwindet, welche Wollust, aus der Welt." Danach
heißt es: "Dieses sehr verzögerte Ausziehen des
Kleides von Anne-Marie Stretter, dieses sanfte
Auslöschen ihrer eigenen Person, nie ist es Lol
gelungen, es zu Ende zu führen." Sie schafft es
nicht ganz, sich zum Verschwinden zu bringen. Aber
sie hat eine nicht zu bändigende Sehnsucht, sich
durch die andere, die sich vor ihm auszieht,
auszulöschen. Und darin entfacht sich eine
ungeheure Wollust.
REBECCA: Das hört sich ganz schön gewalttätig an.
Aber das habe ich mit dem, was ich soeben gesagt
habe, natürlich nicht gemeint.
REBECCA: Als Gottesanbeterin!
REBECCA: Den Anblick der Erektion beim Pferd fand
ich als junges Mädchen erschreckend, Hector. Für
mich gab's dafür noch kein Wort. Oder besser: Ich
hatte es zwar vorher schon gehört, es jedoch nie
in den Mund genommen.
REBECCA: So 'ne Art Tacker?
REBECCA: Und die findet man im Werkzeugkasten.
REBECCA: Im Innern sitzt eine, die aufbegehrt, und
die ich nicht mehr im Griff habe. Und dann die
Scham. Die Bitte um Vergebung für die Ausgeburten
dieser irrationalen Künstlerin.
REBECCA: Das ist eine ganz schöne Drohung.
REBECCA: Wenn bei mir ein Mann im Bett liegt,
heißt das ja noch lange nicht, daß ich was mit dem
zu tun habe.
REBECCA: Herrlich, Pantoffeln könnten fliegen,
Haare könnten ausgerissen werden – oder was
meinst du?
REBECCA: Irgendwann denkst du, daß es an der Zeit
ist, klüger zu werden.
REBECCA: Du denkst dir einfach: "So wie mich kann
er niemanden geliebt haben."
REBECCA: Das Verflixte an der Eifersucht – wie
auch an der Liebe – ist doch, daß unsere Gefühle
vom Verhalten des Partners abhängig sind. Wenn der
andere mir keinen Platz in seinem Sprechen
einräumt und jeder Satz eine Distanzierung oder
eine völlige Abwesenheit meiner selbst enthält,
verletzt mich das. Ebenso schmerzhaft ist es, wenn
es das Wort 'wir' in einer Beziehung nicht gibt.
Dann fehlt das 'Basisgefühl' des Geliebtwerdens.
Meist leidet nur einer darunter. Manche Menschen
brauchen diese Spannung und diese Eifersucht, um
zusammenzubleiben. Das kann sehr quälend sein.
REBECCA: Das Seltsame ist, daß meine Eifersucht
auf eine andere Frau zugleich eine Beziehung
zwischen mir und ihr herstellt. Ich kenne eine
Eifersucht, die sich nicht gegen die andere Frau
richtet, sondern sich ihr zuneigt. Vielleicht muß
man sehr jung und unerfahren und eine Frau sein,
um sich auf solche merkwürdigen Konstellationen
einzulassen, aber ich kenne diese Hinwendung, die
aus der anderen Frau eine seelische und geistige
'Ziehmutter' macht. Sie, die 'etwas' zu haben
scheint, was ich nicht habe, schwebt mir ständig
vor, wird zu einem Symbol für meine eigene
Entwicklung, zum Antrieb für Wandlungen. Sie gilt
es zu erreichen.
REBECCA: Auf dem Umweg über die Zuneigung des von
mir geliebten Menschen wurde die andere Frau zum
Anreiz, meine Entwicklung voranzutreiben. Mit
unglaublicher Energie habe ich daran gearbeitet,
innerlich, ohne darüber zu sprechen. Diese andere
Frau wurde mein Orientierungspunkt.
REBECCA: Das ist zu blutsaugerisch, passender wäre
der Begriff Mimesis. Ein Zufall zeigt das, was ich
ausdrücken möchte: Ich war die dritte Freundin mit
dem gleichen Namen, die dritte Rebecca. Meine
beiden Vorgängerinnen hatten sich lange Zeit in
Indien aufgehalten, wie es damals Mode war. Also
begann ich, mich mit der indischen Philosophie
auseinanderzusetzen. Die Frauen waren für mich der
Anreiz dafür, nicht die Philosophie selbst. Ich
suchte nach der Souveränität, von der ich meinte,
sie hätten sie über eben jenen Weg erlangt.
REBECCA: Außenorientierung? Im Grunde handelst du
doch nach deiner Liebe, nach deinen innersten
Gefühlen. Das ist keine Außenorientierung. Du
gehst nach deiner Liebe zu einem Menschen, von dem
du siehst, daß er dieses liebt, und du versuchst
dieses, was er liebt, in dir zu erschaffen.
REBECCA: Die Eifersucht ist hier der Stachel, der
dich in eine immer intensiver werdende Beziehung
zu einer dir unbekannten Frau treibt, und je
stärker diese Beziehung wird, je länger sie
anhält, um so mehr schmilzt der Stachel und zurück
bleibt eine stark empfundene Nähe. Vielleicht gibt
es von dort aus einen Weg, diese Nähe einmal ohne
den Umweg über den Geliebten und die durch ihn
vermittelten Bilder aufzubauen.
REBECCA: Es wird tatsächlich eine Beziehung zu der
anderen Frau aufgebaut, ohne daß sie es weiß.
REBECCA: In einer sehr depressiven Phase habe ich
einmal eine von den beiden Rebeccas angerufen.
REBECCA: Ich habe gesagt: "Ich heiße so wie du."
REBECCA: Zu dieser Zeit war ich schon ein wenig
verrückt. Sie hat mich gefragt: "Wer bist du?"
REBECCA: Dann habe ich mitten in der Nacht ein
Gespräch mit ihr geführt. Ich hatte mich so sehr
in eine Vorstellung von ihr hineingesteigert, daß
ich ihre Stimme hören mußte.
REBECCA: Der weiß das bis heute nicht.
REBECCA: Haß habe ich nicht empfunden, es wurde
sogar allmählich eine Liebe.
REBECCA: Vielleicht liegt darin eine Faszination
der Eifersucht. Gefühle und geistige
Anstrengungen, die so energisch und konzentriert
sind wie die, die aus der Eifersucht entspringen,
sind sehr selten. Nur die Liebe hat für mich diese
transformierenden Kräfte. Die Liebe zu einem
anderen Menschen oder – vermittelt über die
Eifersucht – zu einer dritten, war für mich ein
wirklicher Impuls für Wandlungen. Ohne dieses
Spannungsverhältnis zwischen mir und einem anderen
Menschen kann ich mich nicht aus mir heraus
verändern oder meine Sehnsüchte nach
'Metamorphosen' verwirklichen – auch im positiven
Sinne. Es scheint allerdings, als ob das
Älterwerden mit einem Nachlassen dieser
kraftvollen Raserei verbunden ist.
REBECCA: Wie alle Formen des Wahnsinns ist die
Eifersucht in der Lage, eine eigene Welt, eine
eigene Logik aufzubauen. Ich empfinde diese Logik
nicht als eine, die sich über alles stülpt,
vielmehr scheint sie alle Ereignisse wie ein
Magnet in sich hineinzuziehen, sie saugt sie
regelrecht auf, um sie in ihre eigene innere
Motivkette einzubauen. Das 'Urmotiv' allen
Handelns ist der Wille zum Betrug, der dem Partner
zugeschrieben wird. Einmal von dieser Logik
einverleibt, wird jeder Schritt zum Beweis des
einen Motivs. Daraus gibt es fast kein Entkommen,
auch weil dieser Unterstellung eine ungeheure
Suggestivkraft innewohnt. Auf einmal glaubst du es
selbst. Du knüpfst in deinen eigenen Gedanken an
das Denken deines Partners an.
REBECCA: Man könnte die von dir beschriebene
Reaktion auch anders interpretieren, nämlich als
geschickte Rechtfertigung für den Hang zum
Fremdgehen, den deine Partnerin schon lange
erkannt hatte. Statt dies zuzugeben, machst du sie
nun zur Verursacherin, zur Schuldigen an deinem
Verhalten.
REBECCA: Mein Ideal wäre die völlige
Unberechenbarkeit: weder genau zu wissen, daß er
eifersüchtig ist, noch sich seines tiefen Schlafs
gewiß zu sein.
REBECCA: Wie ich manchmal den eifersüchtigen
Eiferer im Nachhinein lieben kann! Zwei Seiten
haben die Geschichten, die er erfindet: Die eine
Seite malt die Farben seiner Liebe aus. Nie hat
einer so bunt geliebt, mit vollen Händen die Gaben
seiner Liebe vor dir ausgeschüttet. Doch dann
meint er zu merken: Er hat sie verschüttet,
vergeudet, verschwendet! Du bist eine seiner Liebe
und seinem ganzen Reichtum unwürdige Person, eine
Schlampe bist du, eine Hure. Stets darauf bedacht,
den anderen schöne Augen zu machen. Mit deinem
unendlichen gierigen Hunger nach anderen Männern
hast du die Farben der Liebe geschwärzt. Letztlich
ist alles an dir Habgier und unersättlicher
Hunger. Nie mehr wirst du in der Lage sein,
wiedergutzumachen, was du an Liebe zerstört hast.
Ein letztes Mal will er dich sehen, dann will er
für immer gehen. Heute mußt du dich von ihm
verabschieden. Die zerrissenen Fotos schmeißt er
dir vor die Füße. Und dann schmeißt er sich
hinterher, bittet um Vergebung, sagt, daß er
diesmal zu hart zu dir gewesen sei. Wir werden uns
wiedersehen.
REBECCA: Mein Freund geht nicht nur mit Socken ins
Bett, er zieht sich auch immer als letztes die
Socken aus und als erstes die Socken wieder an. Er
ist vollkommen fixiert auf dieses Kleidungsstück.
Das ist auf Dauer schon schwer zu ertragen. Ich
müßte ihn umerziehen.
REBECCA: Ich glaube, ich würde eher all deine
lieben Schätzchen in die Badewanne werfen und sie
mit Wasser sich vollsaugen lassen, bevor ich dich
um Erlaubnis fragen würde. Das wäre der Anlaß zum
Rosenkrieg.
REBECCA: Bei mir ist das Schluckgeräusch ein
Gradmesser der Beziehung. Am Anfang stört es mich
noch nicht so sehr, aber es belastet mich
zunehmend, je länger die Beziehung andauert.
REBECCA: Ich sehe alles vor mir: den weiß
gedeckten Tisch, zwei rote brennende Kerzen,
schöne Servietten, all diese kleinen
Kinkerlitzchen, die die Romantik erhöhen sollen.
Dann geht der erste Schuß Rotwein über die Decke,
im Stillen wird mir wohler, ich sehe das Wachs
tropfen, dicke Fettaugen liegen auf der heißen
Suppe. Er säuselt die Worte vom "schönen, nein
wunderschönen Abend", dann sehe ich wieder auf
seinen Teller, sehe ihn in das Fleisch schneiden,
tiefer und tiefer sinkt das Messer ein, er führt
es zum Mund, das Mahlen der Zähne in dem toten
Tier. Er sucht die feinen Themen, er ißt mit
Tischsitten. Ich stehe auf, dabei stürzt das
Rotweinglas vollends um. Die Tür knallt zu, Schluß
mit dem "schönen, nein wunderschönen Abend"! Kurz
gesagt: Die Ketchup-Flasche ist für mich bei allen
Mahlzeiten unabdingbares Kriterium einer
gelingenden Beziehung.
REBECCA: Sagen wir es einfach salopp: "Das geht
mir ein bißchen ab." Hinter dem Bild der
romantisch hergerichteten Essenstafel sehe ich
sehr rasch das heimliche 'Fressen und
Gefressen-werden.' Aber darauf brauchen wir jetzt
nicht weiter einzugehen.
REBECCA: Es gibt immer viel zu lesen auf Aarons
Klo.
REBECCA: Wenn ich fühle, vom anderen bedrängt oder
eingeengt zu werden, will ich mir Freiräume
erkämpfen. Dann überlegt man sich, bewußt Pläne zu
schmieden, an denen der Partner nicht teilnimmt.
Oder man schafft sich Kriegsschauplätze, in denen
all die kleinen Aggressionen, die sich tagtäglich
aufstauen, abreagiert werden.
REBECCA: Man kann solche tieferen Zerwürfnisse
vermeiden, indem man von Anfang an seinen
persönlichen Raum sichert. Es ist sehr wichtig,
Distanz zu halten, zum Beispiel eigene Freunde zu
haben oder ein eigenes Bett.
REBECCA: Ja, und was sagt deine Freundin?
REBECCA: Wunderbar. Am Ende liest du dein ganzes
Leben neu, auf diese Begegnung hin, auf diesen
einen Menschen.
REBECCA: Du meinst den tragischen Punkt, an dem
der andere plötzlich unwirklich wird, seine
Anwesenheit hinter seiner Fassade verschwindet und
sein Körper jede Festigkeit verliert. Selbst
vertraute Dinge kommen mir dann seltsam vor. In
mir erstreckt sich eine endlose Wüste: die totale
Entfremdung.
REBECCA: Jetzt ist also Verzicht und Restriktion
für den Mann angesagt!
REBECCA: Im Fußballstadion.
REBECCA: Diese erotisch getönte Freundschaft
erlischt schnell, sobald eine der beiden sich in
einen Mann verliebt.
REBECCA: Je länger ich darüber nachdenke, um so
mehr erscheint mir das Dritte als eine
Möglichkeit, ein neues Bewußtsein zu erlangen.
Oder könnte man vielleicht sagen: überhaupt
Bewußtsein zu schaffen? Es muß sich dabei ja nicht
um eine reale Dreiecksbeziehung handeln. Aber das
Dritte, als Imagination einer Außenperspektive,
eines Abseits, eventuell auch einer Fremde wirkt
auf mich wie eine Beobachterinstanz, eine
Möglichkeit zu Relativierungen innerhalb einer
Zweierbeziehung. Teilweise kann ein Kind solche
Funktionen übernehmen: Es schaut mich in manchen
Konflikten mit so erstaunten Augen an... Wenn ich
mir in Konfliktsituationen ein Kind als heimlichen
Beobachter vorstelle, offenbart sich mir manche
Absurdität einer Auseinandersetzung.
REBECCA: In einer Beziehung kann noch eine andere
Art des Dritten präsent sein. Nicht nur das
Phantasieren von unerreichbaren Schönheiten, auch
die Vorstellung von der Verkörperung des
Verbotenen, des Tabus, ist denkbar. Das 'Banale'
des alltäglichen Zusammenlebens wird in dieser
Phantasie durchbrochen. Dieser Dritte ist der
Rebell in der Fremde, mit dem ein Zusammenleben
nicht möglich wäre, zu dem du dich aber immer
wieder hingezogen fühlst. Er ist Ausdruck
verborgener, ungelebter Wünsche. In dem
Bewußtsein, ein Leben hätte auch anders werden
können, im Wahrhalten brachliegender Selbstanteile
liegt für mich ein großer Reiz. Hier wird die
Phantasie vom Dritten Ausdruck eines Mangels, der
in Wirklichkeit niemals ausgeführt werden soll.
Das ausgemalte Bild hat nichts mit dem realen
Zusammenleben zu tun. Darum stellt diese Phantasie
keine Bedrohung für den Lebenspartner da.
REBECCA: Dieser Aspekt hat in meinen Augen nichts
mit einem realen 'Fremdgehen' zu tun. Vielmehr
kann er etwas Geistiges ansprechen.
REBECCA: Mir liegt die geistige Seite dieser
Phantasien näher. Die Nähe in einer
Zweierbeziehung kann den Blick auf den anderen
verstellen. Sein tägliches Schneuzen, sein
allmorgendlicher verknitterter Ausdruck im
Gesicht, diese ganze Menschlichkeit macht es
manchmal schwer, zu erkennen, was darüber
hinausgeht. Das ist wie die Verstrickung ins
Unentrinnbare des Lebens. Es gibt nur wenige, die
die Kraft haben, dieses Verwobensein ins Leben
positiv zu verstehen. Manchmal sehnt man sich
wieder heraus, will die Entfernung. Ich verstehe
diejenigen, die diese Nähe scheuen, die sich nur
der Liebe auf Distanz hingeben. Ich glaube, daß
ich nur durch die Entfernung eine Poesie der
Beziehung zu entwickeln vermag.
REBECCA: Ich habe einmal erlebt, wie zwei Männer
um eine Frau Schach spielten.
REBECCA: Du hast doch selbst mehrere Jahre eine
Dreiecksbeziehung gehabt.
REBECCA: Gleichzeitig käme mir jedoch der Gedanke,
daß ich damit einen anderen Menschen nur benutze.
REBECCA: Ich will aber noch ein wenig bei der
positiven folie deux bleiben. Ich stelle sie mir
als ein zeitweises gemeinsames Leben in einer der
Realität entrückten Welt vor. Sicherlich kann
diese Entrückung zu einem Psychothriller werden,
aber ebenso kann sich das Leben so gestalten, als
trete man in einen Roman ein. Ich glaube, es war
Simone de Beauvoir, die gesagt hat, sie versuche
sich jeden Moment ihres Lebens als Teil eines
Romans vorzustellen und es auch in dieser Weise zu
gestalten. Bei der folie deux fehlt dieses
bewußte Element – deshalb liegt der Wahn so nah –
aber manchmal entführt sie dich mit Haut und Haar
in die Fiktion. Auf einmal fragst du dich, ob das
Traum oder Wirklichkeit ist. Aber solche Momente
sind kurz. Im Grunde lebt man in einem ständigen
leisen Déja-vu-Gefühl, man weiß, daß es ein
Wiedersehen ist, aber man weiß nicht, womit. Das
hat etwas mit Glück zu tun.
REBECCA: Ich kenne die Gleichgültigkeit als
fehlenden Liebesbeweis. Für mich kann sie der
Boden werden, auf dem die Giftpflanzen der
Beziehung wachsen. Auf diesem Boden kann ich mich
zunächst zu einem Steinkraut entwickeln, immer
noch in der Lage, auch aus den kleinsten Ritzen
des harten Steins ein bißchen Nahrung zu holen.
Ich kann auch zur flehenden Kriechpflanze werden,
die, wenn sie ihren Hunger nicht gestillt bekommt,
ihre Arme wild in alle Richtungen auszubreiten
beginnt, auf der Suche nach den allerkleinsten
Brocken. In ihrem Wachstum ständig angetrieben von
der Sehnsucht, in irgendeinem schwer zu
erreichenden Winkel die Lücke in der
Gleichgültigkeit des Geliebten zu finden, durch
die der Blick auf die erhoffte Liebe zu mir
sichtbar wird.
REBECCA: Da könntest du in gewisser Weise sogar
recht haben, denn was ich hier ausdrücken wollte,
ist eine Verwilderung in einer Beziehung, in der
sich einer der beiden – eben wie das Mauerblümchen
– nicht oder nicht mehr geliebt fühlt. Wenn es
deswegen nicht gleich zu einer Trennung kommt,
kann dieses Mangelgefühl in einer Beziehung
allerlei anstellen.
REBECCA: Das empfinde ich auch so. Das Gefühl,
nicht wirklich geliebt zu werden, treibt dich auf
die Suche nach dem Liebesbeweis. Und diese Suche
kann über die Grenzen der Intimsphäre hinausgehen,
sie kann zu einem Stöbern in seinen Tagebüchern,
seinen Briefen werden, und schon beginnt der
Teufelskreis, denn wozu deine Angst, deine
Liebessehnsucht dich getrieben haben, kann dein
Verstand nicht legitimieren. Irgendwann wird
dieses Tun herauskommen, und dann wird es ebenso
vernichtend sein, wie das Flehen um das
Ich-liebe-dich.
REBECCA: Ich habe in Situationen, die ich in einer
früheren Beziehung als lebensbedrohlich erlebt
habe, eine Zeitlang permanent das Tagebuch des
Geliebten gelesen, um dort die Wahrheit über mich
und über uns zu suchen. Ich habe es ihm
schließlich gestanden und dennoch weitergemacht.
Es fehlten darin jegliche Liebesbeweise. Dieses
Tagebuch wurde zu einem Orakel der
Selbsterkenntnis für mich, dem ich eine Zeitlang
verfallen war.
REBECCA: Weil ich eben jene Gleichgültigkeit in
Form einer profanen Tagebuchnotiz fürchtete: "Sie
hat mich verlassen."
REBECCA: Ich habe in dieser Zeit selbst Tagebuch
geschrieben, allerdings mit dem unbedingten
Wunsch, daß er darin lesen, sich dafür
interessieren würde. Das war nicht der Fall. Ich
glaube, es gibt verschiedene Arten, Tagebücher zu
führen. Manche können zu einer Manifestation des
Problems beisteuern, zu seiner Versteinerung. Es
gibt aber auch andere, die eine Suche nach der
Metamorphose darstellen. Die einen untermauern das
Unglück, während die anderen auf die Suche gehen.
REBECCA: Ich habe zwischen Krise und Beziehung
bisher nie einen Unterschied gemacht. Für mich war
die Liebe immer eine Art Dauerkrise, mal kürzer,
mal länger. Es kann dir passieren, daß du zu
Beginn nicht weißt, ob er dich liebt, und am Ende
noch immer nicht. Du versuchst, es herauszufinden.
Immer wieder möchtest du hören, daß er dich liebt,
aber er äußert es nicht. Obwohl er mit dir
zusammen ist, verleugnet er die Existenz einer
Beziehung. Kurz: Nach außen hin entsteht der
Eindruck einer festen Partnerschaft, aber im
Innern herrscht die Dauerkrise. Eine solche
Spaltung kann über Jahre anhalten, ohne daß die
Krise zur erlösenden Trennung führt. Das ist wie
ein spannungsgeladenes Verharren in der
Vorwegnahme des Endes.
REBECCA: Daß er die Nase so laut hochzieht, daß er
wie ein Elefant schnarcht, daß er schmatzt und
schlürft. Aber darüber habe ich ja bereits
gesprochen.
REBECCA: Hat das nicht insgesamt etwas mit der
Entfremdung vom anderen zu tun? Es stellen sich
diese Momente ein, in denen man spürt, daß der
andere einem völlig fremd ist. Wenn das Gesicht
des Partners, das man tausendmal gesehen hat, auf
einmal in seiner ganzen Gleichgültigkeit dasteht.
Natürlich geht diesen Augenblicken ein längerer
Entfremdungsprozeß voraus, und innerhalb dieses
Prozesses wagt keiner, die Sache auf den Punkt zu
bringen. So steht man monate- und jahrelang in
zunehmendem Dunst.
REBECCA: Es gibt aber auch die Selbstentfremdung,
wie du sie erlebst, wenn du von einer Beziehung in
die nächste stolperst. Dann entdeckst du
irgendwann in dir selbst dieses Loch. Du schaust
in den Spiegel und erkennst dich selbst nicht
mehr.
REBECCA: Es kommt mir immer noch so vor, als
handle es sich bei der Krise um harmlose kleine
Sandkastenschlachten. Mir scheint, daß wir uns
noch immer nicht das ganze Waffenarsenal der
Liebenden klar gemacht haben. Die Krisenzeit ist
wie eine Verwilderung. Aus den zwei zarten
Pflänzchen treten mehr und mehr die wilden Triebe
hervor und fangen an, sich auf ganz andere Weise
umeinander herum zu ranken.
REBECCA: Auch für den Fall, daß der andere sich
nicht darauf einlassen will, gibt es Mittel, ihn
oder sie aus der Reserve zu locken.
REBECCA: Das wird natürlich nicht so schnell
sichtbar. Zunächst einmal kann man damit anfangen,
Zeichen der Zerstörung zu setzen. Das fängt an mit
der Forderung nach Rückgabe von Geschenken. Etwa
so: Du bist es nicht wert, schöne Dinge zu
erhalten. Was ich dir aus Liebe gegeben habe, darf
nicht bei dir bleiben. Stelle ich mir vor, daß du
diese Dinge berührst, habe ich das Gefühl, daß du
meine Liebe beschmutzt.
REBECCA: Dann geht es weiter mit dem Zurückbringen
von Geschenken. Sie werden nun als Ausdruck der
Gefühlsarmut, als Unfähigkeit, die Liebe auf
andere als auf materielle Weise auszudrücken,
verstanden und dargestellt. Die Geschenke, die man
nun bei sich wiederfindet, die überall verstreut
im Zimmer liegen, werden zum Beweis der eigenen
Armseligkeit stilisiert.
REBECCA: Einer der nächsten Schritte besteht
darin, die Briefe des anderen zu zerreißen und die
Schnipsel in seinen Briefkasten zu werfen. Alles
Symbolische ist nun an der Reihe. Zeichen der
gemeinsamen Zeiten werden zerstört,
Erinnerungsstücke an gemeinsam verbrachte Tage.
Die Muschel, die man während eines
Strandspazierganges gefunden hatte und die für
beide großen symbolischen Wert besaß, wird nun
zertreten. Wichtig ist natürlich, daß dies vor den
Augen des anderen geschieht. Das ist die
Grundvoraussetzung des verhexten Treibhauses: Der
andere muß Zeuge der Zerstörung sein.
REBECCA: Ja, jetzt geht es langsam drunter und
drüber. Alles darf ins Feld geführt werden. Hat
der andere nicht immer eine panische Angst davor
gehabt, so zu sein wie sein Vater oder seine
Mutter? Nun: Jetzt wird man ihm klar machen, daß
er längst so ist. In allen Einzelheiten wird man
ihm die Parallelen aufzeigen, mit Wonne wird man
ihn unter einen Hut stecken mit diesem Elternteil,
ihn damit identifizieren, alles Schiefgelaufene
innerhalb der Beziehung ableiten aus dieser längst
schon wahr gewordenen strukturellen Ähnlichkeit
mit dem Verhaßten.
REBECCA: Jetzt werden erst einmal andere
eingeschaltet, die Freunde werden vor ihm gewarnt,
Zweifel an seiner Integrität gesät. Man macht
unverständliche und irritierende Andeutungen.
Natürlich hält man den anderen für die Zeit des
Kampfes noch ein wenig bei der Stange.
REBECCA: Genau. Eine der brutalsten Formen der
Schmerzzufügung oder der Rache besteht darin, den
anderen immer wieder zu erweichen, ihn
gewissermaßen zu öffnen und ihm dann in diese
Öffnung den Dolchstoß zu versetzen. Ihr kennt ja
den Film Der Rosenkrieg: Sie tut so, als wolle sie
sich versöhnen, sie kocht für ihn, sie essen
gemeinsam zu Abend, er wird ganz sanft, und
während des Desserts stellt sich heraus, daß das
Hauptgericht aus seinem Lieblingshund zubereitet
worden war. Das ist in zugespitzter Form das, was
ich mit dem Ineinsfallen von Versöhnung, Öffnung
und Dolchstoß meine.
REBECCA: Nein, nein, Charlotte, ich höre jetzt
gleich auf, das ist ja wirklich ein unangenehmes
Thema. Schließlich bleibt ja trotz allem die
Möglichkeit, sich auf all das nicht einzulassen.
REBECCA: Trennung markiert einen
Paradigmenwechsel. Sie setzt die eingespielten
Verhaltensweisen, das standardisierte
Liebesgebaren außer Kraft, sie stellt alles, was
gewesen ist, in Frage.
REBECCA: Und er sagt: "Jetzt bist du wieder
kindisch. Wenn du dieses Mal gehst, dann bleib'
auch weg. Aber du kommst ja doch wieder."
REBECCA: Und die Sehnsucht wäre genau dann
gestillt oder stillgestellt. Es gäbe sie nicht
mehr, keine Bewegung, keine Intention auf etwas
hin. Das große erfüllte Glück bedeutet doch
Stagnation.
REBECCA: Findet auch die Trennung zuerst im Kopf
statt oder steckt nicht doch ein ganz reales
Geschehen dahinter? Wenn aus der Nähe zum
Geliebten plötzlich ein Abgrund wird, eine
unüberwindbare Distanz.
REBECCA: Ich lasse alles stehen, ich nehme nichts
mit. Ich gehe ohne Koffer, nur mit der Erinnerung
an etwas, das hinter mir liegt. Wann immer ich
mich getrennt habe, habe ich mich von einem
Bewußtseinszustand, einem Lebensgefühl getrennt.
Nach der Trennung werde ich eine andere.
REBECCA: Ich denke schon. Nicht im Sinne einer
qualitativen Steigerung, was ist schon Steigerung?
Ich glaube nicht an den Gedanken einer objektiven
Entwicklung, sondern an das Gute im Wechseln der
Lebenssituation, in der ich mich gerade befinde.
In der Veränderung spüre ich eine Befreiung.
REBECCA: Ich muß mich korrigieren. Ich habe die
Schlüssel von meinen Verflossenen noch längere
Zeit behalten.
REBECCA: Wenn die Illusion als Illusion bewußt
wird, daß der andere mir irgendwie helfen könnte,
etwas noch nicht Bekanntes meines Ichs zu
verstehen.
REBECCA: Das heißt doch: Welt als das 'Daß etwas
ist'. Natürlich staune ich darüber, daß überhaupt
etwas ist außer mir und ihr und uns, außerhalb
jeder Interpretation und Hinsichtnahme auf uns
hin. Aber das Staunen hört schnell auf. Es endet
im Wahnsinn. Kein Zeichen besagt mehr irgendetwas.
Die Dinge sind nur für sich, nicht mehr im
Hinblick auf etwas anderes. Für mich ist das der
absolut unpoetische Zustand.
REBECCA: Nur weil sie dich körperlich betrogen
hat? Das finde ich lange nicht so gravierend wie
das geistige Fremdgehen. Ich treffe einen anderen,
mit dem ich mich intensiver unterhalte als mit
meinem Freund; ich sehe den anderen immer
häufiger, eine Verbindung entsteht, und eines
Tages habe ich den früher Geliebten innerlich
längst verlassen, noch bevor ich mit dem Neuen je
intim war. Die platonische Variante der
Entfremdung ist doch viel entscheidender.
REBECCA: Was ist schon körperliche Nähe? Mein
Körper hatte kurz vor der Trennung das Gefühl
verloren, daß da noch jemand anders ist, es gab
keine Distanz mehr und insofern war's auch um die
Nähe geschehen.
REBECCA: Irgendwo hört die Sprache auf und die
Trennung beginnt. Die Worte, die ich für den
anderen finde, sind doch auch nie eindeutig, sie
schreiben nichts fest und zerstören darum auch
nichts. Sie bleiben ambivalent und mehrdeutig, und
derselbe Satz führt mich auf immer neue Weisen zum
Geliebten. Wo die Sprache endet, endet auch die
Liebe.
REBECCA: Das variiert. Die Trennung von meinem
ersten Freund hat Jahre gedauert, im Grunde war
die ganze Beziehung nach der Erkenntnis der
Ungleichwertigkeit unserer Gefühle ein einziger
Abschied. Aber ich konnte nicht gehen, weil der
andere mich permanent negiert hat, ich war ein
Nichts. Und wenn ich ging, ging nichts. Erst seine
Bejahung meiner Person hätte mir erlaubt, zu
gehen. Um diese Bejahung und Anerkennung habe ich
jahrelang gebettelt, um endlich frei zu sein.
REBECCA: Es war die Hölle, und sie hat ewig
gedauert, bis endlich andere Männer mir gezeigt
haben, daß ich sehr wohl etwas bin.
REBECCA: Trennung und Tod. Man muß den anderen
sterben lassen, um wirklich gehen zu können.
REBECCA: Die kleine Entzweiung nach der
gemeinsamen Liebesnacht. Ich gehe durch den Tag,
wieder nur ich, der andere irgendwo in seiner
Welt, ich verstehe nicht, warum diese größte Nähe
nicht länger dauern darf, und die Spuren an meinem
Körper so viel länger mahnen an das kurze Glück.
"Mein Kopf ist voll Tau, aus meinen Locken tropft
die Nacht", weint mein Körper um den Verlust.
REBECCA: Irgendwann nach der Trennung beginnst du,
den anderen wieder neu zu sehen. Ich habe zu
meinen Verflossenen nachher immer noch Kontakt
gehabt. Meist sind wir gute Freunde geworden. Ich
finde es ganz normal, daß man sich nicht ganz und
gar von jemandem trennen kann. Eine tiefe
Verbundenheit bleibt oftmals bestehen.
REBECCA: Der Vergleich mit dem fremden Land
gefällt mir. Vielleicht, weil ich mich häufig in
ausländische Männer verliebt habe. Hier sprengt
die Verliebtheit sofort eine ganze Reihe von
Konventionen, und es zieht einen heraus aus der
eigenen Kultur. Dennoch finde ich den Begriff
Revolution problematisch.
REBECCA: Manche Menschen brauchen Widerstände.
REBECCA: Julia und Romeo bringen sich um, um dem
Gesetz ihrer Väter zu entgehen, und die Prinzessin
von Cl ves zieht sich ins Kloster zurück, weil sie
weiß, daß eine Leidenschaft sich von Hindernissen
nährt.
REBECCA: Ist das Verlieben unabdingbar für die
Erneuerung des Lebens? Wäre damit nicht auch in
jeder Beziehung die Bereitschaft zur Untreue
angelegt?
REBECCA: Ich hatte in all meinen Beziehungen
erfüllte Momente, die relativ losgelöst vom
Partner waren. Ich habe sie auch über das Ende der
Beziehung hinaus bewahrt. Diese Seinsmomente sind
nicht unwichtig für die Liebesgefühle.
|
|