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Beiträge von JUDITH
JUDITH: Ich habe kein klares Muster im Kopf. Mal
wird das Mütterliche in mir angesprochen, mal die
soziale Seele, mal das Tierische.
JUDITH: Liebe ist egoistisch. Die Liebenden passen
oft nicht zusammen. Dann drängt der eine den
anderen in seinen Schatten und hindert ihn zu
wachsen. Wer so eingeengt wird, wird später nach
Mitteln suchen, sich zu befreien. Ist das nicht
das Drama der Liebe?
JUDITH: Ich traf einen Mann, der immer mit schönen
Frauen zusammen war. Zuerst nahm ich nur die
Frauen wahr, später merkte ich, daß mich der Mann
interessierte. Ich wollte ihn haben, weil ihn die
Schönsten hatten.
JUDITH: Genau! Rache ist eines der
hinterhältigsten Motive bei der Partnerwahl. Man
wischt dem Verflossenen eins aus, indem man mit
seinem besten Freund anbändelt. Das hat dann mit
den eigenen Vorlieben und Reizmustern überhaupt
nichts mehr zu tun!
JUDITH: Manchmal wünschte ich mir, nicht über das
kleine Geheimnis der Begegnung hinausgehen zu
müssen und nie die Geschichte zu erzählen, die das
Geheimnis auflöst. Begegnungen, wie man sie
während Zugfahrten erlebt: Sie sprechen
miteinander, schauen einander an, lachen - bis
einer von beiden aussteigen muß.
JUDITH: Es fällt immer noch schwer, die
überkommenen Vorstellungen männlicher und
weiblicher Annäherung zu überwinden. Als Mädchen
bekommt man gesagt: "Mach' dich rar, lasse dich
umwerben", weil man sonst als billig abgestempelt
wird. Von daher hat Lucia doppelt schwere Arbeit
geleistet.
JUDITH: Kennt denn niemand eine Geschichte aus dem
Leben?
JUDITH: Ich wollte in früheren Beziehungen die
Eroberung ausschließlich über Briefe gestalten.
Ich wollte einen Mann gewinnen durch das
kunstvolle Formulieren von Briefen und war völlig
enttäuscht, wenn das nicht verstanden wurde und
nichts zurückkam.
JUDITH: Natürlich ist Schreiben eine sublime Form
der Erotik.
JUDITH: Seht ihr darin nicht gerade das
Wunderbare? Was wäre das Begehren mit Erfüllung?
Wonach würde man noch suchen? Ich denke, die
Erfüllung als Illusion ist das, was zwei Menschen
in ihrer Körperlichkeit zusammenhält.
JUDITH: Ich liebe die Verletztbarkeit des Mannes
in diesen Augenblicken. Er ist ungeschützt, ohne
die lächerlichen Allüren der großen Sicherheit und
Selbstsicherheit.
JUDITH: Nach diesen Körperkontakten verlangst du
nur, wenn du den anderen liebst. Die Körper sind
zwar von Bedeutung, aber das Sexuelle steht nicht
im Vordergrund.
JUDITH: In der Liebe ist der Sex zärtlicher,
feiner, entwickelter.
JUDITH: Ist es nicht immer dieselbe Lust? Löst
eine Erregung am Ohr oder an der Brust nicht
denselben süßen Kitzel aus, den du im gesamten
Körper spürst? Eine Lust, die an verschiedenen
Stellen erregt werden kann, hier besser, dort
schlechter. Versuche doch einmal, die Lust im
Körper zu lokalisieren, während du dich hingibst.
Es ist eine universelle Lust. Sie ist gleichgültig
gegenüber der Stelle, an der sie erregt wird.
JUDITH: Dein Verhältnis zu deinem eigenen Körper,
wie du ihn siehst, was du überhaupt wahrnimmst von
ihm, ist ja etwas, was sich in der Erziehung
herstellt. Bestimmte Regionen und Handlungen
werden tabuisiert: sie gelten als schmutzig,
pervers... Analer Sex zum Beispiel.
JUDITH: Das läßt irgendwann nach. Sexualität und
ihre Bedeutung verändern sich in einer
Liebesbeziehung, wie alles. Die Liebe besteht eben
darin, daß alles in einer gemeinsamen Bewegung
bleibt.
JUDITH: Am meisten habe ich Angst vor der
Gewohnheit. Das ist der Tod des Sex.
JUDITH: Wenn du dich mit einer 'enthirnten
Lustnudel' zusammentust, mußt du eben gewisse
Zugeständnisse machen...
JUDITH: Frauen haben einen reicheren Körper, viel
mehr Möglichkeiten, Lust zu fühlen und zu
empfangen. Mir kommt es so vor, als hätten wir
mehr empfindliche Oberfläche, mehr Haut am Körper
als der Mann. Schon daß es Vagina und Klitoris
gibt, verhindert, daß wir einfältig werden. Und
beide bereiten andere Lust, es gibt kein Primat.
Dazu noch die Brüste. Mir tut der Mann leid.
JUDITH: Ich verstehe nicht, worauf du
hinauswillst.
JUDITH: Ich denke, auch ein Mann ist fähig,
weiblich zu berühren.
JUDITH: Dabei hat Liebe viel mit Alltag zu tun.
Dann gäbe es für dich Liebe ausschließlich in der
Phantasie, und dort unten, in der Beziehung mit
dem Partner, wäre der graue Alltag.
JUDITH: Wenn ich mir in Gedanken den Alltag
ausmale, mir vorstelle, nicht mehr nur mit meinem
Freund allein zu sein, sondern noch jemanden zu
haben, so einen kleinen Matz, der ständig nur nach
Essen schreit und in die Hose pinkelt... Neulich
habe ich geträumt, meinem Freund ein Kind zu
machen.
JUDITH: Das ist wieder eine typische
Männerphantasie. Ich würde nie Dessous für einen
Mann tragen. Wenn einer das von mir wollte, würde
ich ihn davonjagen. Ich hatte glücklicherweise
immer Freunde, die darauf keinen Wert gelegt
haben.
JUDITH: Kleidung ist es jedenfalls nicht. Es ist
der nackte Körper.
JUDITH: Eigentlich wäre es einmal an den Männern,
etwas dazu zu sagen, denn die klassische
Vorstellung ist doch die, daß ein Mann eher mit
zwei Frauen im Bett liegt und nicht zwei Männer
mit einer Frau.
JUDITH: Die Allmachtsphantasien brechen zusammen
und eine extreme Abhängigkeit taucht auf.
JUDITH: Ich bin auch eifersüchtig.
JUDITH: Das fiele wohl unter den Begriff 'jemandem
eine Szene machen'. Seltsam, daß wir während
unseres Gesprächs über die Eifersucht so häufig
auf Begriffe kommen, die etwas mit Verstellung zu
tun haben.
JUDITH: Die Tatsache, daß der andere eine
Vergangenheit hat, macht ihn für mich auch
interessant. Aber wenn ich mir bestimmte
Situationen konkret vorstelle, habe ich doch meine
Probleme damit. Du gehst zum Beispiel durch den
Wald spazieren, und auf einmal mußt du von ihm
hören: Hier bin ich schon einmal mit dieser oder
jener entlanggelaufen, und an diesem See war die
Szene mit jener Frau. Schlagartig verändert sich
die Situation, du fühlst dich dann wie in einem
schlechten Film, der Spaziergang ist wie ein
Abklatsch des früheren, der tiefer verwurzelt zu
sein scheint und an den du nicht herankommst. Dann
werde ich eifersüchtig.
JUDITH: Es gibt auch die Eifersucht auf die
Zukunft. Eine Bekannte war selbst nach dem Ende
einer Beziehung rasend eifersüchtig auf alle, die
nach ihr kamen. Alles, was sie mit ihrem Freund
erlebt hatte, sollte ihr gehören.
JUDITH: Das ist der natürliche Egoismus. Man kann
es eben nicht leiden, wenn der eigene Stolz
verletzt wird. Es ist unerträglich zu sehen, daß
der Geliebte sich nicht um einen selbst kümmert,
daß er sich anderen zuwendet, daß ihm andere
wichtiger oder genauso wichtig sind wie man
selbst. Das kann sich auch auf Freunde beziehen.
JUDITH: Was hast du gesagt?
JUDITH: Ich habe das Gegenteil erlebt. Ich wurde
immer wieder von einer unbekannten Frau angerufen.
Sie sprach von ihrem abgrundtiefen Haß auf mich.
Es war Terror.
JUDITH: Eigentlich ist die Eifersucht etwas sehr
Lebendiges. Du kämpfst ständig um jemanden.
JUDITH: Hier wird deutlich, wie rasch Beziehungen
zu Teufelskreisen werden. Es ist ein Schachspiel,
ein Zug versucht ausgeklügelter zu sein als der
andere.
JUDITH: Das bedeutet also, daß die Eifersucht
überwunden werden muß.
JUDITH: Oder das Aufstehen! Ich will nicht immer
als erste aufstehen. Da fehlt mir die Bewegung.
Jeden Morgen versuche ich, diese Beharrlichkeit zu
durchbrechen. Ohne Erfolg. Das ist Zündstoff!
JUDITH: Das, was mir Angst einflößt, ist jede Art
von Routine. Ob in den alltäglichen Dingen, die zu
verrichten sind oder in den Gesprächen mit dem
Partner. Wenn jeder weiß, was der andere denkt und
sagt, reduzieren sich die Gespräche auf bloße
Phrasendrescherei. Daraus entstehen die größten
Mißverständnisse, da jeder denkt, er wüßte, was
der andere sagen will. Dabei entgeht einem fast
alles vom Partner. Und am Ende wundert man sich,
daß der andere nicht so gehandelt hat, wie man es
vorausgesagt hat: Er hat es wirklich
fertiggebracht zu gehen.
JUDITH: Staubsaugen, kochen, Zahnpastatuben...
Sind es denn die Banalitäten, an denen man sich
zerstreitet, oder stecken tiefere Zerwürfnisse
dahinter?
JUDITH: Ich finde es vorteilhafter, kein eigenes
Bett zu haben, so können wir einen Streit nie über
Nacht ausdehnen. Vor dem Einschlafen muß jeder
sagen, was los ist, dann kann man sich wieder
versöhnen. Sonst würde alles vor sich hingären,
jeder würde sich unendlich in den banalen Streit
hineinsteigern, und alles würde nur noch schlimmer
werden.
JUDITH: Versuche ich, mich in die Phantasie einer
Dreiecksbeziehung hineinzuversetzen, so habe ich
den Eindruck, daß sich mir ein Raum öffnet. Darin
sehe ich einen Reiz: Allein schon die Phantasie
von der Existenz eines Dritten erhöht die
möglichen Kräfte innerhalb eines solchen Raumes um
ein Vielfaches. Es tauchen Spannungen auf –
positiver und negativer Art – Rollenverschiebungen
sind möglich, Kräfteverhältnisse müssen neu
erprobt, Nähe und Distanz neu bestimmt werden.
JUDITH: Das Vernichtende ist das Fordernde. Liebe
wäre der Zustand, wo nicht gefordert wird, wo
gelassen wird, wo etwas weiterwachsen kann.
JUDITH: Darin steckt auch ein gewisser Narzißmus,
in dieser Lust an der Schrift.
JUDITH: Mit den Jahren verändern sich bestimmte
Merkmale bei beiden Partnern. Das kann unbemerkt
vor sich gehen, so daß wir irgendwann unvermittelt
und unvorbereitet vor einer Person stehen, die wir
eigentlich gar nicht gewählt hatten.
JUDITH: Warum hätte es eure Liebe zerstört, wenn
es für euch beide das erste Mal gewesen wäre?
JUDITH: Die allererste Liebe führt meistens
deshalb schnell in die Krise, weil sie von anderen
als unrealistisch angesehen wird. Von den Eltern
wird oft suggeriert, daß die erste Beziehung noch
nicht den rechten Maßstab für eine endgültige
Bindung abgeben kann. Dazu bedürfe es größerer
Erfahrung als nur die Beziehung mit einem Mann.
JUDITH: Der Versuch wird einem nicht einmal
gestattet. Es ist stattdessen eine Illusion, vor
der man sich hüten soll.
JUDITH: Es gibt natürlich ganz unterschiedliche
Strategien, je nach Charaktereigenschaft. Eine der
subtilsten besteht darin, die inzwischen erlangte
Kenntnis vom anderen, das Wissen um seine
Schwächen und Ängste gegen ihn zu wenden.
JUDITH: Wird jetzt nicht auch langsam das Wissen
um die Schwächen des anderen zum Zuge kommen?
JUDITH: Jetzt spielst du wohl auf die
zwischendurch inszenierten Versöhnungsfeiern an?
JUDITH: Und die äußere Trennung ist keine
Illusion?
JUDITH: Sehnst du dich nie nach einem anderen
Leben mit einem anderen Mann? Könnte nicht diese
Sehnsucht nach dem anderen ganz konkret werden,
wenn du einem neuen Mann begegnest, dich verliebst
und dich deswegen von dem vormaligen trennst?
JUDITH: Das kommt darauf an, ob einer sich von dem
trennen will, was ihn am Geliebten objektiv stört,
oder ob man sich selbst nur von einem falschen
Bild des anderen trennt.
JUDITH: Was die endgültigen Trennungen angeht, was
nimmt einer mit in seinem Koffer?
JUDITH: Die Schlüssel als Symptom der noch nicht
beendeten Liebe?
JUDITH: Aber die Briefe sind doch auch ein Teil
der Vergangenheit des anderen. Ich würde meinem
ehemaligen Freund nie seine Briefe zurückgeben.
Das ist mein Eigentum.
JUDITH: Ja, Briefe sind nicht ewig tödlich. Aber
sie sind doch eine Spur, die ich beim anderen oder
er bei mir hinterlassen hat, und ich behalte mir
vor, diese Spur später einmal wieder freilegen zu
dürfen, wenn ich Lust dazu habe.
JUDITH: Wenn das Zusammensein mit dem anderen zum
eingespielten Ritus geworden ist, wenn zwischen
dem, was wir zusammen machen und dem, was man mit
Benjamin eine Erfahrung nennen darf, ein Abgrund
klafft. In dem Moment, wo das gemeinsame Leben nur
zur Wiederholung verabredeter Muster geworden ist.
JUDITH: Und das geschah, obwohl du mit der Frau
körperlich noch so nah warst?
JUDITH: Wie lange dauert es, bis du wirklich nicht
mehr an sie denkst, bis du ihre Spuren aus deinem
Leben gewischt hast?
JUDITH: Ich kenne die Situation der Flucht in eine
andere Stadt auch, aber ich war nicht die
Verlassene, ich habe verlassen. Trotzdem mußte ich
mir etwas eigenes aufbauen, mußte den flehenden
Blicken des Freundes, der Möglichkeit, ihm an
jeder Straßenecke begegnen zu können, mußte seinen
Vorwürfen und vielleicht auch meinen
Schuldgefühlen entkommen. Ich wollte ganz neu
anfangen und dabei unbeobachtet sein, außerhalb
seines Wahrnehmungsfeldes, von ihm verlassen. Ich
mußte seine Spuren aus meinem Leben tilgen.
JUDITH: Was meinst du mit berserkerhaft?
JUDITH: Außerdem brauchen wir keine
Schriftsteller, um Bilder für die Liebe zu finden.
JUDITH: Es gibt daher Menschen, die die Spannung
künstlich aufrechterhalten. Sie vermeiden die
Gewohnheit und den Alltag und verlieben sich
chronisch immer wieder neu.
JUDITH: Bezogen auf die Verliebtheit gilt daher:
Verliebtsein ist ein Jungbrunnen, unabhängig vom
Alter.
JUDITH: Ein Partner hat die Macht, den anderen
durch Worte in seine Gewalt zu bringen und zu
beherrschen.
JUDITH: Wollt ihr im Ernst mit einem Diskurs über
Liebe und Tod enden?
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