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Textproben
1. Begegnung
2. Eroberung
3. Sex
4. Phantasien
5. Eifersucht
6. Alltag
7. Dreiecke
8. Krise
9. Trennung
10. Verliebtheit

Autoren
Aaron
Arthur
Charlotte
Gabriel
Hector
Jan
Judith
Lucia
Rebecca
Salome



Beiträge von

LUCIA

LUCIA: Man muß nur daran glauben, dann wird es wahr.
Kapitel 1, Absatz 11; siehe Kontext

LUCIA: Wenn man einen Typ hat, auf den man steht, fällt das leicht.
Kapitel 1, Absatz 14; siehe Kontext

LUCIA: Was habt ihr gegen Vorlieben? Wenn ein Mann eine unweigerliche Ausstrahlung hat, vermute ich hinter seinem Gesicht und seinen Händen bestimmte Eigenschaften. Dieses Gefühl von Vertrautheit geben mir nur wenige Männer. Faszinierend ist, wie schnell es dann entsteht.
Kapitel 1, Absatz 18; siehe Kontext

LUCIA: Die Schönheit schlägt eine tiefere Wunde als ein Pfeil. Sie dringt durch das Auge ein, unmittelbar, unreflektiert und zu schnell, um gegen die Verzauberung zu schützen.
Kapitel 1, Absatz 26; siehe Kontext

LUCIA: Amor spielt mit den Menschen, er entflammt sie oder blendet sie. Die Liebe auf den ersten Blick ist heute verpönt, und doch zeigt sie die blinde Natur des Phänomens. Liebe macht blind.
Kapitel 1, Absatz 30; siehe Kontext

LUCIA: Das passiert selten genug. Gerade die Unerreichbarkeit des Geliebten stellt einen mächtigen Reiz dar. Die fünfzehnjährige Schülerin, die den gutaussehenden dreißigjährigen Lehrer anhimmelt, scheint ein hoffnungsloser Fall zu sein. Und doch kann sie ihn erobern. Voraussetzung ist, daß sie daran glaubt.
Kapitel 1, Absatz 40; siehe Kontext

LUCIA: Ich mußte lange um Jan kämpfen, um das Gefühl zu bekommen, daß ich ihn verdiente. Für ein blitzartiges Verlieben müssen sich beide in einem Zustand der inneren Bereitschaft befinden. Das war bei uns am Anfang leider nicht der Fall...
Kapitel 1, Absatz 48; siehe Kontext

LUCIA: Der Eros von Platon, der Eros als Verlangen nach dem Schönen, durch das er entzündet wird und dem er nachjagt. Er ist die Erkenntniskraft, die durch die emporreißende Erfahrung des Schönen den Weg zu den Ideen öffnet.
Kapitel 1, Absatz 55; siehe Kontext

LUCIA: Als ich jünger war, wünschte ich mir manchmal jemanden, der meine literarische Begeisterung geteilt hätte, und fragte mich, ob Jan tatsächlich der richtige war. Schließlich verstand ich, daß mich die Körper anziehen, nicht die Sprache. Mit dem Gesicht und dem Körper verbinde ich eine gewisse Art von Gemeinsamkeit, von Sinnlichkeit. Das beschränkt sich natürlich nicht auf die Sexualität.
Kapitel 1, Absatz 64; siehe Kontext

LUCIA: Ich treffe schon ab und zu einen Mann, mit dem ich eine Affäre haben könnte. Aber es war noch keiner dabei, der mir im ersten Augenblick das Gefühl gab, wir könnten eine gemeinsame Zukunft haben. Das hatte ich nur bei Jan.
Kapitel 1, Absatz 71; siehe Kontext

LUCIA: Jan hat recht. Mit sich selbst ist man immer am besten bedient.
Kapitel 1, Absatz 78; siehe Kontext

LUCIA: Für mich wäre das auch denkbar gewesen. Ich liebte das Märchen von den zwei Königskindern, die nicht zueinander kommen konnten. Ich sah sie seltsamerweise immer als Geschwister. Kurz bevor sie einander fanden, ertranken sie.
Kapitel 1, Absatz 80; siehe Kontext

LUCIA: Und die junge Frau bestätigt sich ihre Frühreife. Heute würde ich mir für eine Affäre eher einen jüngeren Mann auswählen.
Kapitel 1, Absatz 92; siehe Kontext

LUCIA: Eroberung ist keine Frage der Strategie, sondern von Entscheidungen, die vor der sogenannten Eroberung fallen. Entscheidungen, die festlegen, in welchem Maß ein potentieller Partner einem vorgegebenen Bild entsprechen muß. Je undifferenzierter das Bild, desto größer wird die Schar der möglichen Partner, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, jemandem zu begegnen, der auf das eigene Angebot eingeht.
Kapitel 2, Absatz 129; siehe Kontext

LUCIA: Indem er die Frauen ihrer Werte und Phantasmen beraubt, verfolgt er die Welt, die ihm die kindliche Unschuld geraubt hat, mit seiner unversöhnlichen Rache.
Kapitel 2, Absatz 149; siehe Kontext

LUCIA: Es gibt Männer, die zunächst nur geliebt werden wollen. Vielleicht gehören die Verführer dazu. Ich habe unter Jans Zurückweisung sehr gelitten. Er hat sich immer wieder meinen Annäherungsversuchen entzogen, Liebesbeweise eingefordert. Ich fühlte mich durch seinen Widerstand in die Männerrolle hineingedrängt. Ich mußte den Minnedienst leisten, um ihn zu erobern.
Kapitel 2, Absatz 155; siehe Kontext

LUCIA: Ich fand Jan sehr schön, sehr weiblich. Mich selbst fand ich nicht schön. Ich wollte so werden wie er, wollte mich angleichen.
Kapitel 2, Absatz 159; siehe Kontext

LUCIA: Das Zusammenspielen der Gegensätze in einer Person! Ich habe umgekehrt in mir das Männliche entwickelt, mich zu einem maskulinen Frauentyp gemacht, bin dadurch schöner geworden.
Kapitel 2, Absatz 161; siehe Kontext

LUCIA: Verführung hat in der Tat mehr mit Musik zu tun als mit Sprache. Sie bewegt sich in einem Ort der Sinneslust, vor dem Sündenfall.
Kapitel 2, Absatz 163; siehe Kontext

LUCIA: Eine schöne Parodie. Sich mondän unnahbar zu geben, weil das die sicherste Art ist, beachtet zu werden, nicht aus dem Bewußtsein der anderen zu fallen und auf das Selbst zurückgeworfen zu werden, wo eingestandenermaßen nichts ist. Bachmann hatte Schwierigkeiten, damit zu leben, daß die Liebe der Ort der größten Einsamkeit, der Ort des Exils ist.
Kapitel 2, Absatz 175; siehe Kontext

LUCIA: Im gleichen Augenblick beraubst du die Menschen ihrer Einzigartigkeit und Einmaligkeit.
Kapitel 2, Absatz 188; siehe Kontext

LUCIA: Tragisch wird es für den, der sich mit fremden Federn und imaginären Taten schmückt. Die Frauen Doctores, die keine sind, oder die, die sich über ihre mondänen Kontakte definieren.
Kapitel 2, Absatz 201; siehe Kontext

LUCIA: Die Verpflichtung zu Charme und Schönheit ist seit langem keine Pflicht der Frau allein. Die Männer müssen sich heutzutage anstrengen.
Kapitel 2, Absatz 220; siehe Kontext

LUCIA: Die eigene Schönheit: Wer wäre nicht oft von sich und seiner Attraktivität überzeugt, und wer hätte nicht im stillen immer wieder daran gezweifelt.
Kapitel 2, Absatz 225; siehe Kontext

LUCIA: Seit der postmodernen Rehabilitation der Schönheit und des Sich-schön-Machens ist es zwar nicht mehr verpönt, erotisch anziehend zu wirken, trotzdem habe ich immer noch ein ambivalentes Verhältnis dazu.
Kapitel 2, Absatz 230; siehe Kontext

LUCIA: Zudem wird der Kampf mit zunehmendem Alter mühsamer. Schlaffes Gewebe, stumpfer Haarglanz oder überhaupt ausfallender Haarschmuck nehmen dann den letzten Optimismus. Wer auf Schönheit setzt, lebt gefährlich.
Kapitel 2, Absatz 232; siehe Kontext

LUCIA: Die erotischen Selbstinszenierungen gelten aber nicht nur dem Blick der anderen. Ich mache mich für mich selbst schön. Ich mache mich begehrenswert, will aber nicht unbedingt begehrt werden. Meine seidenen Dessous gehören mir.
Kapitel 2, Absatz 235; siehe Kontext

LUCIA: Schönheit fordert Bewunderung, vielleicht sogar Anbetung, sie will also Macht. Macht, verführerisch zu sein und zu verführen.
Kapitel 2, Absatz 238; siehe Kontext

LUCIA: Trotzdem ist der Sex wichtig. Warum?
Kapitel 3, Absatz 256; siehe Kontext

LUCIA: Männer halten Sexualität für die Grundlage einer Beziehung und wollen den Rest darauf aufbauen. Ich kenne das genau umgekehrt: Wenn die Beziehung funktioniert, funktioniert auch der Sex.
Kapitel 3, Absatz 264; siehe Kontext

LUCIA: Sex kann sich auch entwickeln, nach und nach. Gerade darin kann der Reiz liegen.
Kapitel 3, Absatz 266; siehe Kontext

LUCIA: Wenn du bei einem Spaziergang Arm in Arm gehst, dich aneinanderschmiegst oder Hände hältst, suchst du keinen Sex, sondern nur den Kontakt, die Berührung. Das verursacht keine sexuelle Erregung.
Kapitel 3, Absatz 273; siehe Kontext

LUCIA: Sagte der Phallus.
Kapitel 3, Absatz 276; siehe Kontext

LUCIA: Ich kenne das zwar auch, aber das ist doch auf bestimmte Zeiträume begrenzt, oder?
Kapitel 3, Absatz 289; siehe Kontext

LUCIA: Was mich stört, ist die Fixierung darauf, daß nur die körperliche Lust die wahre Lust sein soll, in der sich die Ich-Grenzen auflösen.
Kapitel 3, Absatz 296; siehe Kontext

LUCIA: Sich auf einzelnes zu kaprizieren am anderen, ihn durch mein Begehren zu fragmentarisieren, ist eine Wirkung des Sex. Das hat etwas Barbarisches. Ich will als Ganzes gesehen werden, nicht zerlegt werden. Ich bin nicht das einzelne. Nur bezaubernde Haare oder ein schöner Mund – das könnte auch jemand anders sein. Das ist anonym. Die Liebe ist die Gegenbewegung dazu, immer das Ganze und Runde der Person wahrzunehmen.
Kapitel 3, Absatz 303; siehe Kontext

LUCIA: Das ist vielleicht eher eine männliche Phantasie und eine männliche Fähigkeit, sich ganz und gar als Körper der Lust zu empfinden, ohne den anderen als Person wahrzunehmen.
Kapitel 3, Absatz 314; siehe Kontext

LUCIA: Auch beim Sex brauche ich manchmal die Sprache. Dann will ich bestimmte Worte hören oder selbst sagen. Oder einfach nur die vertraute Stimme des anderen spüren. Worte können die Lust steigern. Manchmal zärtliche Worte, manchmal auch härtere Worte.
Kapitel 3, Absatz 316; siehe Kontext

LUCIA: Man kann es auch umgekehrt sehen. Durch das anwachsende Vertrauen, die sich auflösenden Ängste und Vorbehalte wird eine immer größere Zärtlichkeit möglich. Erst dann traust du dich zu zeigen, was dir die größte Lust bereitet, führst die Hand deines Partner an die besonderen Stellen, sprichst darüber.
Kapitel 3, Absatz 327; siehe Kontext

LUCIA: Das klingt nach guter alter Utopie: den ganzen Körper zu sexualisieren, alles zur Möglichkeit der Lust zu machen, ihn dem schnöden Lebensgeschäft zu entziehen.
Kapitel 3, Absatz 334; siehe Kontext

LUCIA: Richtig! Wir müssen weg von den konventionellen und häufig primitiven Begegnungen von Penis und Vagina. Die Popularität endloser Masturbationen scheint mir etwas interessant Neues zu sein. Achtundsechzig und die schöne 'sexuelle Revolution' war doch ein lächerlicher Tanz um die Genitalien.
Kapitel 3, Absatz 347; siehe Kontext

LUCIA: Die Wirklichkeit ist meist komplizierter. Da kollidieren die Wünsche. Wenn einer oralen Sex liebt, der andere nicht, was dann? Aus der Sicht desjenigen, für den das die größte Lust bedeutete, wäre eine Beziehung, in der oraler Sex ausgespart bliebe, immer wieder frustrierend.
Kapitel 3, Absatz 350; siehe Kontext

LUCIA: Irgendwann erzählte mir eine Frau, daß sie mit keinem Mann schlafen könnte, wenn es ihr nicht vorstellbar wäre, von seinem Samen ein Kind zu bekommen. Sie phantasierte, alle diese Männer in sich zu bewahren. Das erste Kind, das sie bekam, war für sie eine Mischung aller Männer, mit denen sie geschlafen hatte. Von jedem war etwas dabei. Die entscheidende Frage ist: Welchen Samen willst du behalten und welcher ist dir widerlich?
Kapitel 3, Absatz 395; siehe Kontext

LUCIA: Das ist nur die Illusion einer Reinigung, eine symbolische Handlung. Es geht um die Beseitigung des Gröbsten. Gegen das Feine, das danach kommt, kannst du ohnehin nichts unternehmen. Manchmal ist es schön, in anderen Situationen jedoch wieder unangenehm: Du mußt raus in die Welt, du stehst in der U–Bahn, und es tropft...
Kapitel 3, Absatz 402; siehe Kontext

LUCIA: Gleichwohl erregt es auch meine Phantasie. Es schlägt dich wie ein Blitz aus heiterem Himmel, wenn plötzlich ein schöner dunkler Mann vor dir steht und du dir ausmalst, mit ihm ein Wochenende im Hotel zu verbringen, 48 Stunden lang nur mit ihm im Bett zu liegen, ohne ihn kennenlernen zu wollen. Er ist der Unbekannte, und soll es auch bleiben. Ich weiß nicht, woher er kommt, was er macht, das zählt alles nicht. Es geht nur um das Ausleben der sexuellen Leidenschaft. Mein Kopf ist in diesem Moment vielleicht ganz dumpf, er ist ausgeschaltet, nur das, was darunter ist, vibriert, und mein Körper zerreißt vor Spannung.
Kapitel 4, Absatz 415; siehe Kontext

LUCIA: In unserer Beziehung war das Thema Dessous stets virulent. Ich fand das völlig albern. Eines Morgens haben wir dann doch beschlossen, daß ich mir welche kaufe. Ich ziehe sie also abends an, er kommt zur Schlafzimmertür herein, sieht mich in voller Montur und lacht schallend los. Schließlich hatten wir beide einen Lachkrampf, und danach war das Thema Dessous vom Tisch. Beim Fremdgehen hingegen ist das noch Gegenstand der Phantasie
Kapitel 4, Absatz 434; siehe Kontext

LUCIA: Wie ist das mit den Frauenphantasien? Wenn Männer auf Dessous abfahren, worauf fahren Frauen ab? Was sind die Äquivalente?
Kapitel 4, Absatz 438; siehe Kontext

LUCIA: Für mich auch. Der nackte Körper mit unterschiedlichen Attributen. Es gibt ja verschiedene Arten von nackten Körpern.
Kapitel 4, Absatz 440; siehe Kontext

LUCIA: Statt dessen gerinnt der Samen in der Frau.
Kapitel 4, Absatz 467; siehe Kontext

LUCIA: Das könnte auch ein Dritter in einer Dreiecksbeziehung sein. Es reicht auch, wenn du dir in deiner Phantasie einen Mann vorstellst, der all das, was du in deinem eigenen Partner nicht findest, verkörpert. Er ist dann natürlich nur deine Projektion, dein alter ego. Und doch hat er in deiner eigentlichen Beziehung mit deinem Freund eine manchmal unheimliche Realität. Er taucht in deinen Träumen auf, geht mit dir durchs Haus, steht plötzlich neben dir in der Küche und schaut dir über die Schultern in den Kochtopf hinein. Sagt aber nichts, schweigt und schaut dich nur an. Schaut dich und den anderen an. Und seine Blicke sind wie Reflektoren deiner eigenen gespaltenen Seele. In seinen Augen erblickst du dich selbst. Dann fängst du an, nach dem Gespenst in dir selbst zu suchen. Du suchst in allen Winkeln deiner Wohnung, deiner Aufzeichnungen und Tagebücher. Du durchsuchst die Schubladen deiner Seele, gerätst in Aufruhr und Panik, bist nicht mehr du selbst. Aber plötzlich hörst du deinen Namen aus dem Nebenzimmer rufen, und du weißt, daß du zu ihm gehörst. Er ist dein Mann, er reißt das Gespenst heraus.
Kapitel 4, Absatz 475; siehe Kontext

LUCIA: Darauf würde ich mich jetzt nicht festnageln lassen.
Kapitel 4, Absatz 507; siehe Kontext

LUCIA: ... mit einem Begehren, das auf sich selbst und auf den anderen gerichtet ist und so eine große Spannung erzeugt, die mit einem inneren Drang nach radikalen Entscheidungen verbunden ist. Die Eifersucht stellt sich mir als ein unaufhaltsames Aufwallen von Gefühlen dar.
Kapitel 5, Absatz 512; siehe Kontext

LUCIA: Das eigene Bewußtsein, Eifersucht zu empfinden oder nicht, scheint mir oft verzerrt. Es könnte sein, daß viele, die behaupten, nicht eifersüchtig zu sein, es letztlich doch sind.
Kapitel 5, Absatz 534; siehe Kontext

LUCIA: Du Affe verkneifst es dir!
Kapitel 5, Absatz 538; siehe Kontext

LUCIA: Worauf ist man denn eifersüchtig, wenn man den Mann mit einer anderen Frau im Bett findet? Man ist nicht eifersüchtig darauf, daß die Frau möglicherweise mit dem eigenen Mann ein dauerhaftes Verhältnis haben möchte. Ich glaube nicht, daß man sich das in dem Moment überlegt. Ich bin vielmehr eifersüchtig auf die Lust, die da genossen wird und an der ich nicht teilhabe.
Kapitel 5, Absatz 540; siehe Kontext

LUCIA: Mir scheint, daß es unterschiedliche Gründe für die Eifersucht gibt, innere und äußere. Einer ist gewiß die Eifersucht auf die Geschichte des anderen. Warum ist man eifersüchtig auf eine Verflossene, die man nicht einmal gekannt hat, und auf andere nicht? Die, auf die man nicht eifersüchtig ist, die laufen als: "Das war einmal, die war soundso, und dann war's vorbei." Eifersüchtig ist man auf Frauen, die nie ganz verabschiedet wurden, wo immer etwas Unbegriffenes in der Beziehung stehengeblieben ist.
Kapitel 5, Absatz 551; siehe Kontext

LUCIA: Bei manchen schon. Vor allem bei Menschen, die zum erstenmal lieben und die mit jemandem zusammen sind, der es schon zum zwanzigsten Mal erlebt.
Kapitel 5, Absatz 554; siehe Kontext

LUCIA: Die Urzeichen setzt man nun einmal. Wenn man sie nicht in Symbolen setzt, sondern am Anfang in der Person festlegt, will man die einzige für den einzigen sein, dann darf es keine Welt geben in dem Moment und auch keine Vergangenheit.
Kapitel 5, Absatz 559; siehe Kontext

LUCIA: Ich bin das mittlerweile auch.
Kapitel 5, Absatz 561; siehe Kontext

LUCIA: Ich will die retrospektive Eifersucht nicht verteidigen, nur verständlich machen. Es ging hier soeben um das Urzeichen und den Umgang damit. Wenn du ganz jung bist, hast du solche Ursprungsvorstellungen. Ich hatte sie jedenfalls.
Kapitel 5, Absatz 564; siehe Kontext

LUCIA: Genau! Ich fand es immer unmöglich, daß wir nicht die Orte gemieden haben, wo er schon mit den anderen Frauen gewesen war. Man fuhr schon zum dritten Mal in jenen Skiort, wir lagen gerade im Bett, und auf einmal sagte er: "Ach ja, richtig, hier war das ja mit der Betty!"
Kapitel 5, Absatz 567; siehe Kontext

LUCIA: Das ist eben die autonomere Beziehung.
Kapitel 5, Absatz 588; siehe Kontext

LUCIA: Mir scheint, daß es sich lohnt, noch einmal all den kleinen Ausformungen dieser Wahnwelt der Eifersüchtigen zu folgen. Wir haben oben von dem körperlichen Zittern gesprochen, mir fallen die Ohnmachtsgefühle ein, der Schwindel, der Versuch, sich zu verstellen, die Unabhängige zu spielen, die Gleichgültige. Leider ist man ja in solchen Fällen so betont gleichgültig und unabhängig, daß es den Partner sofort stutzig macht.
Kapitel 5, Absatz 634; siehe Kontext

LUCIA: Wie ich mich danach sehne, daß er mal in dieser Weise auf mich warten würde! Statt dessen höre ich, kaum daß ich den Kopf durch die Wohnungstür gesteckt habe, sein regelmäßiges, wonnevolles, behagliches Atmen. Dann ist es an mir, mich in Phantasien hineinzusteigern: Wie ruhig er schläft – ohne dich! Welch schöne Träume er wohl hat! Verflucht schöne Träume! Ich hasse die Schönheit dieser Träume und diesen ruhigen Schlaf! Ich hasse das Wonnevolle und Behagliche dieses Atmens! Ich will erwartet werden, mit aller Ungeduld! Meine Abwesenheit soll mit der absoluten Erwartung verknüpft sein!... Doch nichts von alledem. Ich lege mich daneben, schließlich schlafe ich auch ein. Am nächsten Morgen versuche ich, ein paar Worte über meine abendliche Verabredung fallen zu lassen. Er antwortet überrascht: "Ach stimmt ja, du warst gestern verabredet. Möchtest du auch einen Kaffee? Ich gehe mal einen kochen." Das ist wohl auch eine Art 'Therapie'...
Kapitel 5, Absatz 636; siehe Kontext

LUCIA: Manchmal möchte ich aber auch die Lektion des Zusammen-Daseins lernen.
Kapitel 5, Absatz 638; siehe Kontext

LUCIA: Es gibt leise und unscheinbare Strategien, dieses Machtspiel auszutragen.
Kapitel 5, Absatz 646; siehe Kontext

LUCIA: Das ist wohl der Punkt des Eintritts in die Realität der Liebesbeziehung. Was am Anfang geschieht, ist der Ausnahmezustand, die Entrückung, der Wahn. Nach einigen Monaten des Abtastens schält sich dann der wahre Charakter und der wahre Körper des anderen heraus. Du lernst ihn allmählich kennen mit all den Eigenschaften, die er aus seinem früheren Leben in der Familie, im Beruf oder in Liebesbeziehungen mitbringt. Die ganzen Schrullen und Idiosynkrasien. Wenn du all das an ihm bemerkst, mußt du dich tatsächlich fragen, ob du es aushalten kannst.
Kapitel 6, Absatz 659; siehe Kontext

LUCIA: Das ist wahr. Es ist fürchterlich, wenn ich zu hören bekomme: "Du kochst wie deine Mutter, alles machst du wie deine Mutter." Im ersten Moment merkt man die Verletzung daran vielleicht nicht, ich sage es ja selbst manchmal.
Kapitel 6, Absatz 661; siehe Kontext

LUCIA: Dann wird es nicht mehr so harmonisch bei euch zugehen. Allerdings muß Harmonie durchbrochen werden, um den Funken der Leidenschaft neu zu entzünden.
Kapitel 6, Absatz 668; siehe Kontext

LUCIA: Das Schlimmste sind manche Körpergeräusche. Ich kann es nicht ertragen, wenn der andere laut schluckt. Ich bilde mir ein, daß er nicht richtig kaut.
Kapitel 6, Absatz 677; siehe Kontext

LUCIA: Ich weiß auch nicht, ob ein harmonischer Alltag unbedingt wünschenswert ist. Ich wahre lieber ein bißchen Ungewißheit. Das sanfte Dahinplätschern muß ab und zu durch den großen Knall aufgewühlt werden.
Kapitel 6, Absatz 688; siehe Kontext

LUCIA: Sich im Badezimmer nackt zu sehen, ein und aus zu gehen, wenn der andere sich gerade darin aufhält, das war für mich immer eine Selbstverständlichkeit. Meine Intimsphäre wird nicht mit der Badezimmertür aufgebrochen.
Kapitel 6, Absatz 715; siehe Kontext

LUCIA: Das sind die Augenblicke, in denen ich unteilbar bin: Ich teile nicht mit ihm Tisch, nicht Bett, ich teile ihm nichts mit, ich verteile nichts, sondern ich stehe vor mir in meiner ganzen Kreatürlichkeit, führe die Handinnenseiten an meinem Körper entlang und fühle, daß ich es bin; weit weg von dem, was ich bin, wenn ich die Tür wieder öffne, was ich für ihn bin. Es ist das staunende Schweigen beim Anblick des eigenen Gesichtes, der mir sagt: Du bist es wirklich, in allen Fältelungen deiner Haut, gänzlich unabhängig von der draußen auf dich wartenden Realität. Bisweilen zögere ich einen Moment noch, die Badezimmertür wieder aufzuschließen.
Kapitel 6, Absatz 720; siehe Kontext

LUCIA: Wenn du mich wegen meines Staubsaugerwahns anmachst, verschaffst du dir Luft wegen anderer Probleme. Du weißt natürlich, wie ich darauf reagiere, das läuft ja alles vollautomatisch ab. Ich motze zurück, frage mich aber gleichzeitig selbstzweifelnd, warum ich diese zehn Minuten meines kurzen Lebens tatsächlich wieder mit diesem stumpfsinnigen Saugen verbracht habe. Ich befinde mich, ohne daß ich es wollte, plötzlich in einem doppelten Konflikt: Einmal mit dem Mann, der mein Tun aus von mir unabhängigen Gründen in Frage stellt, dann aber auch mit mir selbst, da ich mich durch den Streit selbst ertappt fühle. Denn es könnte sein, daß ich mit dem Saugen meine Zeit sinnlos verschwende und mehr noch: Daß ich einen krankhaften Sauberkeitsfimmel habe. In solchen banalen Alltagssituationen steht die Beziehung urplötzlich auf dem Spiel. Ich habe das Gefühl, im nächsten Moment zu explodieren und damit alles aufzulösen.
Kapitel 6, Absatz 727; siehe Kontext

LUCIA: Die Frau ist aufgrund ihrer Biologie von dem Zwang der Akkumulation befreit. Worauf warten wir noch?
Kapitel 7, Absatz 754; siehe Kontext

LUCIA: Die Freundschaft erfordert im Gegensatz zur Liebe, daß die Freunde ein umgreifendes Gemeinsames haben, ein gemeinsames politisches Ziel oder Ideal, eine Bewunderung für die gleichen Schriftsteller oder die gleichen Filmemacher.
Kapitel 7, Absatz 765; siehe Kontext

LUCIA: Eine geringe Rolle, denke ich.
Kapitel 7, Absatz 785; siehe Kontext

LUCIA: Auch ohne reales Motiv ist es anscheinend üblich, daß sich zwischen zweien immer wieder der Reiz eines dritten Moments einschleicht, das die herkömmliche Beziehung irritiert. Ein Kind kann eine solche Funktion haben, auch Literatur oder Filme. Verhindert wird die Erfüllung alter Prägungen, weil sie sich abgenutzt haben. Der Unterschied ist nur, daß die Prägungen über ihre fingierten Ohnmachten oder angelesenen Vorbilder selbst die Herrschaft haben, während man dies über die Präsenz eines Kindes nicht hat.
Kapitel 7, Absatz 794; siehe Kontext

LUCIA: Vielleicht treffen sich diese beiden Seiten – die geistige und die körperliche – gerade in diesen Phantasien: in der ersehnten Fusion von Körper und Geist. Wir sprechen immer von den zwei Seiten, doch ist gerade dieses Ineinsfallen der Kern unserer Sehnsucht und zugleich nur in der Phantasie angesiedelt.
Kapitel 7, Absatz 808; siehe Kontext

LUCIA: In unserer augenblicklichen Situation wäre eine Nebenbeziehung völlig undenkbar. Ihr hattet Zeit, euch auseinanderzusetzen, ihr wart Studenten. Ich brauche Jan heute als Halt, aber ich sehe ein, daß in der gegenseitigen Präsenz etwas verlorengeht, was man künstlich wieder erzeugen muß.
Kapitel 7, Absatz 834; siehe Kontext

LUCIA: Als ich zu zweifeln begann, ob ich eine ausschließliche Liebe zu Jan wollte oder ob es andere Menschen für mich geben könnte, fand ich zunächst keine Antwort. Trotzdem mußte ich es herausfinden.
Kapitel 7, Absatz 841; siehe Kontext

LUCIA: Endlich sind wir bei der folie angelangt. Der Versuch, den Irrsinn der Liebe so lange als nur irgend möglich auszuleben! Das schönste mir bekannte Beispiel dafür ist die Geschichte eines verliebten Pärchens, das sich über Monate unter der Vorspiegelung, Mitglied einer reichen aristokratischen Familie zu sein, ein Leben in Saus und Braus bereitet hat. Der bekannte Namen, der mit Adel und Reichtum assoziiert wurde, genügte, eine Villa über Monate ohne Mietzahlung zu nehmen, sich einen Rolls Royce vor die Tür stellen zu lassen, die Wohnung mit Perserteppichen auszulegen und sich die köstlichsten Abendessen ins Haus bringen zu lassen. Erst nach Monaten ist der Betrug aufgedeckt worden. Sicherlich wußten sie, daß es auf Dauer auffliegen würde, aber sie haben sich darum nicht geschert. Sie haben für kurze Zeit ihre Liebe in einem herrlichen Irrsinn gestaltet. Wäre ich Richter gewesen, hätte ich sie freigesprochen!
Kapitel 7, Absatz 852; siehe Kontext

LUCIA: Wen meinst du jetzt?
Kapitel 7, Absatz 862; siehe Kontext

LUCIA: Wir müssen ja nicht gleich so weit gehen, es gibt in den noch harmlosen Auseinandersetzungen genügend Beispiele für das Ringen um Souveränität und Macht. Eines der effektivsten Mittel, diese zu erringen, ist die Gleichgültigkeit. Mit ihr kann mein Partner mich in die Raserei treiben, vor ihr beginne ich zu toben, um ihr gleich darauf zu erliegen. Sie ist die Gummiwand, die die Zelle meiner Wut umgibt und aus der ich nicht mehr herauskomme. Ich schlage dagegen, sie nimmt den Schlag weich auf, um sofort wieder in ihrer alten, durch nichts zu erschütternden Erscheinung dazustehen. Mit der Gleichgültigkeit kann mein Partner eine Form der Macht über mich erlangen, der ich nicht gewachsen bin.
Kapitel 8, Absatz 868; siehe Kontext

LUCIA: Warum aber hast du dich nicht getrennt?
Kapitel 8, Absatz 883; siehe Kontext

LUCIA: Man kann nach Worten ebenso süchtig sein wie nach Menschen. Ich finde es legitim, sich zurückzuziehen, um die Worte zu finden, und sich von dem Partner abzugrenzen.
Kapitel 8, Absatz 891; siehe Kontext

LUCIA: Genau!
Kapitel 8, Absatz 894; siehe Kontext

LUCIA: Der Anbruch der Krise vollzieht sich in mehreren Schritten. Zunächst stellt sich ein dumpfes, noch sehr unausdrückliches Gefühl der Entfremdung vom anderen ein. Man kann es sehr bequem übergehen, indem man so tut, als läge es an der momentanen Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Nach einiger Zeit aber meldet sich dieses Gefühl schon deutlicher. Die ersten unbegründeten Aggressionen schlagen auf den anderen nieder, und dieser verlangt dafür von dir eine Erklärung. Auch jetzt bist du noch bereit, die Krise zu verhüllen, indem du dir Ausreden einfallen läßt. In der dritten Phase kommt es dann zum offenen Ausbruch deiner Unzufriedenheit. Die ersten manifesten Probleme kommen auf den Tisch.
Kapitel 8, Absatz 908; siehe Kontext

LUCIA: Diese Variante gibt es sicherlich auch, aber ich wollte eben deutlicher auf die Gründe zu sprechen kommen, die die plötzlichen Risse bewirken. Ich denke da an den Bereich der Sexualität. Die meisten Frauen und Männer haben wahrscheinlich Zeiten erlebt, in denen der Sex häufig, intensiv und außergewöhnlich war, und haben sich gewünscht, daß das immer so bliebe. Diese außergewöhnlichen Erlebnisse wurden dann zum Maßstab für die alltägliche Sexualität in der Beziehung.
Kapitel 8, Absatz 912; siehe Kontext

LUCIA: Das stimmt. Die Verbitterung hat zumindest sehr lange angehalten. Ich hatte das Gefühl, daß Jan mit seinen früheren Frauengeschichten die Möglichkeit verbaut hatte, eine Liebesromanze zu leben, die in jeder Hinsicht jungfräulich war. Immer wieder quälte mich der Gedanke, daß er das, was ich gerade hörte und fühlte, schon bei einer anderen Frau gesagt und getan hatte. Er hatte schon oft 'Ich liebe Dich' gehört, ich hingegen noch nicht. Es war dennoch gleichzeitig faszinierend, daß wir das romantische Ideal beidseitiger Jungfräulichkeit nicht inszenieren konnten, weil die Beziehung daran letztlich zerbrochen wären.
Kapitel 8, Absatz 942; siehe Kontext

LUCIA: Weil sich zwei jungfräuliche Menschen zwangsläufig trennen, denn die erste Liebeserfahrung ist zu überwältigend, als daß sie von beiden in dieser Intensität auf Dauer gelebt werden könnte.
Kapitel 8, Absatz 945; siehe Kontext

LUCIA: Die Warnung der Eltern hat allerdings manchmal präventiven Charakter. Das stellt sich erst dann heraus, wenn man mit dem Mann ein paar Jahre zusammengelebt hat und er seine ganzen Macken und Fehler zeigt. Dann denkt man sich: "Hätte ich doch nicht den Erstbesten genommen." Jetzt hänge ich in dieser ganzen Kiste drin und kann mir kaum ausmalen, wie es mit einem anderen wäre.
Kapitel 8, Absatz 950; siehe Kontext

LUCIA: Da sollte man sich doch eher über zahlreiche Beziehungen in die Pragmatik der Liebe einarbeiten, um über das im Bilde zu sein, was einen erwartet bei der Einwilligung in die Ehe.
Kapitel 8, Absatz 952; siehe Kontext

LUCIA: Das ist natürlich auch eine Temperamentsfrage. Ich kann mir durchaus Menschen vorstellen, die nicht darauf eingehen würden.
Kapitel 8, Absatz 957; siehe Kontext

LUCIA: Wenn du so denkst, findet das ganze natürlich schnell ein Ende. Ich glaube aber, daß Rebecca uns von den Formen des Kampfes erzählen will, die darauf angelegt sind, eine ganze Weile geführt zu werden, um den Schmerz zu erhöhen. Sozusagen die fiesere, aber auch gefühlsbeladenere Variante.
Kapitel 8, Absatz 962; siehe Kontext

LUCIA: Ja, diese Erklärung erscheint mir sehr plausibel. Vielleicht ist der Motor dieses Kampfes tatsächlich der Wille zur Abtötung der Gefühle und damit zu einer Beendigung der Schmerzen, die man möglicherweise durch den anderen erfahren hat.
Kapitel 8, Absatz 967; siehe Kontext

LUCIA: Das kann natürlich den anderen um so mehr reizen und anspornen. Denn ein Mensch, der so kämpft wie von dir gerade beschrieben, der läßt sich bestimmt nicht so leicht abwimmeln. Das Entscheidende für die Fortführung eines solchen Kampfes besteht darin, genau die Reaktionsweisen des Partners zu kennen und ihn immer an den Stellen zu packen, die garantiert eine Reaktion zeigen. Das schwierige für den anderen wäre dann, entgegen seinen sonstigen Verhaltensweisen zu reagieren, um endlich zum Schluß zu lassen. Das verlangt aber ein Höchstmaß an Bewußtsein von dem, was da gerade geschieht, und eben dieses ist in solchen Zeiten sehr schlecht zu erlangen.
Kapitel 8, Absatz 978; siehe Kontext

LUCIA: Ich weiß nicht, ich weiß nicht... Ich kann mich nicht dazu durchringen.
Kapitel 8, Absatz 984; siehe Kontext

LUCIA: Für den Übergang vom Streit zur Trennung gibt es in unserer Liebe ein typisches, fast standardisiertes Bild: Es gibt den Koffer auf dem Schrank, ich ziehe ihn mit Karacho aufs Bett und...
Kapitel 9, Absatz 992; siehe Kontext

LUCIA: Ja, schon, aber ich kann nicht für das Ausbleiben von Wiederholungen garantieren.
Kapitel 9, Absatz 995; siehe Kontext

LUCIA: Vielleicht. Ich werde mit dem anderen nie fertig werden, weil ich es gar nicht will. Und deshalb scheue ich auch nicht zurück vor dem Klischee des inszenierten Kofferpackens. Es ist doch unwesentlich, was das bedeuten soll oder bedeuten könnte, wo und wann die Reise mit meinem Koffer endet. Das Packen wird im übrigen immer schwieriger, je länger man ein geschlossenes, gemeinsames Leben hat. Immer mehr Zeug, immer mehr Verflechtungen und immer schwieriger die Antwort auf die Frage: Was brauche ich denn alles?
Kapitel 9, Absatz 998; siehe Kontext

LUCIA: Aber irgendwann komme ich eventuell doch nicht wieder, obwohl ich bisher immer zurückgekehrt bin. Warum warst du dir dessen so sicher?
Kapitel 9, Absatz 1000; siehe Kontext

LUCIA: Was ist daran unglaubwürdig? Nur, weil du den Ausgang schon kennst. Du glaubst nur, ihn zu kennen. Eines Tages könnte es auch anders kommen. Mein Verhalten ist im Augenblick der Entscheidung ganz ernst gemeint: Jetzt packe ich, jetzt reicht's, ich habe die Schnauze voll.
Kapitel 9, Absatz 1002; siehe Kontext

LUCIA: Wieso dein Bett? Einmal hatte ich wirklich drei Taschen dabei, das war zu einer Zeit, als ich auch Bücher brauchte. Ich hatte schwer zu schleppen, bin durchs Dorf gelaufen mit dem Gedanken: Warum muß ich mir's eigentlich so schwer machen, soll er doch gehen! Ich hatte das Bild von mir als streunender Katze langsam leid.
Kapitel 9, Absatz 1007; siehe Kontext

LUCIA: Genau. Solche Ausbrüche sind nur Signale, keine wirkliche Trennung. Ich kann mich nicht wie er in der gemeinsamen Wohnung isolieren, muß mich äußerlich auf Distanz begeben, um mich mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß ich mich auch innerlich lossagen muß. Ich muß in der Inszenierung erst die Situation schaffen, in der ich wieder alleine bin und fähig zur Trennung. Im gemeinsamen Leben gibt es für mich keinen Raum, mich abzugrenzen, mich zu bewahren. Nicht, weil die Wohnung zu klein oder ich dazu unfähig wäre, sondern weil ich es prinzipiell nicht will.
Kapitel 9, Absatz 1011; siehe Kontext

LUCIA: Doch, natürlich. Insofern hat Jan recht. Ich inszeniere, und im Theater wird nie das wirkliche Leben gespielt. Ich stehe dann mit meinem Koffer an der nächsten Straßenecke, heule, bin unendlich einsam und weiß nicht mehr, weswegen wir uns gestritten haben. Ich will sofort zurück, nach fünf Minuten schon, weil ich das Leben ohne den bestimmten anderen – meinen Mann – doof finde, und weil ich keine schöne Vorstellung von einem Leben ohne ihn entwickeln kann.
Kapitel 9, Absatz 1013; siehe Kontext

LUCIA: ...und müssen deshalb Phantasien bleiben. Das hat viel mit Sehnsucht zu tun. Wir Menschen sind nun einmal Sehnsuchtstiere, und um den anderen immer wieder zum Fluchtpunkt meines Sehnens machen zu können, muß ich ab und an gehen.
Kapitel 9, Absatz 1016; siehe Kontext

LUCIA: Vielleicht, aber das wäre eine ziemlich kontingente Wendung der Dinge. Die grundsätzliche Wechselbeziehung zwischen Liebe und Trennung wäre in diesem Fall nicht erkannt, sondern nur verschoben in eine neue Liebesbeziehung.
Kapitel 9, Absatz 1018; siehe Kontext

LUCIA: Im Grunde geht es bei diesen Kofferaktionen ja gar nicht ums Gehen. Das echte Gehen ist doch eine große Illusion. Ich bin gegen die Verschiebungen der Sehnsucht von einem Menschen auf den nächsten, gegen den unendlichen Regreß. In der kompletten Erfüllung kann man nie ankommen, weil in diesem Zustand das erfüllte Glück und das pure Nichts in eins fielen.
Kapitel 9, Absatz 1028; siehe Kontext

LUCIA: Eben. Die Aufhebung der Sehnsucht ist das Ende. Das Ende jeglicher Differenzstruktur und damit der Bestimmungsfähigkeit dessen, was wir empfinden oder nicht empfinden, was wir haben und was wir entbehren. Trennung ist auch die bewußte Setzung von Differenz, um sich und den anderen wieder in Bestimmtheit wahrnehmen zu können.
Kapitel 9, Absatz 1030; siehe Kontext

LUCIA: Ja, unsere wiederholten Trennungen waren natürlich nicht bloß ein Spiel, ein Zwangsritus, sie waren immer Ausdruck für das Gefühl der Unmöglichkeit, in unserer Liebe die unüberwindbaren Gegensätze aufzuheben. In der Situation vor dem Entschluß zu gehen, erschien mir die Liebe zu ihm wie ein einziges großes Mißverständnis, eine gepflegte Illusion.
Kapitel 9, Absatz 1035; siehe Kontext

LUCIA: Deshalb nehme ich mir nach jeder versuchten Trennung vor, sie nicht noch einmal zu wiederholen. Nach der Trennung gibt es für mich keine Intentionalität mehr im Leben, und ich habe es nie soweit kommen lassen, eine Intention zu entwickeln, die autonom, unabhängig vom anderen existierte.
Kapitel 9, Absatz 1040; siehe Kontext

LUCIA: Ja. Trennung bedeutete immer einen Riß des Fadens. Daß ich dennoch nur mit ihm einen neuen Faden spinnen wollte, das hängt vielleicht zusammen mit einer diffus-romantischen Vorstellung von dem Ganzen, was mein, unser Leben irgendwann sein sollte. Ich habe die Partner nicht gewechselt, um aus meinem Leben eine Entwicklung zu machen, ich wollte diese Veränderung immer mit demselben Geliebten.
Kapitel 9, Absatz 1043; siehe Kontext

LUCIA: Ja und nein. Natürlich hatten wir uns nicht über Nacht zu neuen Menschen gemacht, aber wir waren doch andere als vor der Trennung. Ich habe die bedeutungsschweren Dinge aus dem Koffer wieder an ihre Stelle gesetzt, in den Schrank, ins Regal gelegt. Es waren nun wieder Dinge, belanglose Utensilien mit Gebrauchscharakter. Ich habe das Geschichtliche an ihnen zerstört, indem ich sie zurücklegte an die Orte, die nach der Trennung frei geworden waren als bloße Plätze, an denen etwas gelagert wird und nichts mehr bewahrt.
Kapitel 9, Absatz 1045; siehe Kontext

LUCIA: Und suche mich und suche mich und finde nichts..
Kapitel 9, Absatz 1082; siehe Kontext

LUCIA: Man darf nicht einpacken, man muß geben, aufgeben, hinterlassen. Ich bin ja nie gegangen. Mein Koffer war letztlich nichts anderes als der letzte Versuch einer Bewahrung unserer Liebe und die Verhinderung des furchtbaren Eingeständnisses: Ich habe den anderen nicht erreicht. Wenn ich einmal wirklich ginge, dann nicht in diesem Stil mit all den Klamotten und der Dramatik. Irgendwann in der Badewanne wird es mir einfallen, daß unsere Liebe ausgeliebt ist, Schluß, vorbei. Keine Erregung, keine Dramatik mehr. Dann werde ich ohne Ankündigung und ohne Koffer gehen. Zigaretten holen – und nicht mehr wiederkommen. Jan hätte keinen Zug mehr im Spiel.
Kapitel 9, Absatz 1084; siehe Kontext

LUCIA: Absolute Liebe ist eng gekoppelt an die Idee der Zeitlosigkeit, der Vollendung. Ich spüre daran, wie die Zeit verfließt. Nach der Trennung gab es keine Zeit mehr, keinen Raum, keine Welt. Die Welt um mich war schal, geräuschlos und unerträglich laut zugleich, keine Komposition mehr, sondern Reihung von Fragmenten, Sinnesreizen. Kein Halt und kein Halten an dieser Welt ohne den anderen. Die Welt nach der Trennung war bedeutungslos, unendliche Stille.
Kapitel 9, Absatz 1089; siehe Kontext

LUCIA: Wo nichts mehr auf etwas anderes verweist, wo keine Deutungen mehr möglich sind, wo diese große Unbeweglichkeit und Endlosigkeit der Welt Raum gewinnt, wo alles nur es selbst ist. Ich finde das Man-selbst-Sein, die Selbstbezüglichkeit völlig paranoid und unendlich langweilig, halte die Idee einer endgültigen Selbsterkundung für eine geschickte Marktstrategie der Psychoanalytiker im Zeitalter eines desaströsen Narzißmus.
Kapitel 9, Absatz 1092; siehe Kontext

LUCIA: So stelle ich mir den Tod vor. Ich bin nicht mehr dabei. Nichts ist mehr Prozeß, nichts Bewegung. Stille und die Welt – ein einziges großes sinnloses Bild. Ich gehöre nicht mehr dazu, stehe jenseits der Grenze und sehe keinen Anlaß, in dieses ewige Chaos wieder einzutreten.
Kapitel 9, Absatz 1094; siehe Kontext

LUCIA: Ich habe mich immer dann getrennt von ihm, wenn wir in der totalen Kommunikationslosigkeit angelangt waren. Er stand am Fenster, verstummt, ohne Mund. Ich habe geredet, Antworten gefordert, ich war ein einziger Mund. Unser Streit war das vollendete Scheitern jeglichen Gesprächs. Er blickte in die Ferne, und jedes meiner Worte war das Wort zuviel, ich trug den Streit aus, der andere ertrug ihn. Dann ging ich, denn wo es keinen Widerstand mehr gegen meine Worte gibt, keine Gegenrede, da ist nichts mehr zu holen. Das ist das Ende: nur noch ich, die mir entgegenklingt, und der andere untergetaucht zwischen den Zeilen, die ich an ihn richte.
Kapitel 9, Absatz 1116; siehe Kontext

LUCIA: Negativ gebunden durch das Ausbleiben seines großen 'Ja, ich liebe dich'.
Kapitel 9, Absatz 1121; siehe Kontext

LUCIA: In der Trennung wird die Liebe noch einmal auf einen dramatischen Höhepunkt getrieben, der der Intensität des gemeinsamen Orgasmus entspricht. Das 'Danach' ist immer eine Beruhigung, ein Verebben des Sturms, das Eintreten der kleinen Tode in die Zeit.
Kapitel 9, Absatz 1134; siehe Kontext

LUCIA: Gut war es, wenn die Tränen versiegten. Dann war ich einfach wieder da, er war wieder da, ganz unmittelbar. Die Interpretationen und Sichtweisen, die ganze Verstrickung und der Zwang zur Deutung waren weggeheult. Und da sah ich ihn wieder, unbegriffen, unausgelegt, unbesetzt, schön wie eh und je. Der Anblick der Schönheit ist für mich ein Lebenselixier. So etwas wie ein Selbsterhaltungstrieb. Ich kann mir kein Leben ohne das Schöne vorstellen.
Kapitel 9, Absatz 1137; siehe Kontext

LUCIA: Um bei Arthur anzuknüpfen: Ich finde auch, daß Sex am Anfang wichtig ist. Es beginnt doch schon mit dem Geruch, der einen verrückt machen kann. Ich habe mir bei Jan sofort vorgestellt, wie seine Haut wohl aus der Nähe riechen würde. Aus zwanzig Metern Entfernung roch sie jedenfalls ziemlich gut.
Kapitel 10, Absatz 1153; siehe Kontext

LUCIA: Das war am Anfang auch bei uns ein wichtiger Punkt der Auseinandersetzung. Für Jan war die Sexualität die Grundlage einer Beziehung, auf der der Rest aufbaute.
Kapitel 10, Absatz 1164; siehe Kontext

LUCIA: Eben. Was bleibt schon übrig, wenn nur der tierische Trieb stimmt.
Kapitel 10, Absatz 1167; siehe Kontext

LUCIA: Verliebtheit als Revolution, als Zäsur der eigenen Lebensgeschichte, sich zu machen, statt zu sein, die Verliebten als Behälter voller Zukunft... alles gut und schön. Und was ist mit denen, die sich nicht auf eine gemeinsame Zukunft festlegen wollen, die ihr Leben selbständig und unabhängig voneinander gestalten?
Kapitel 10, Absatz 1189; siehe Kontext

LUCIA: Die wirklich geliebte Frau muß unerreichbar bleiben. Bei uns forderte Jan diese Liebesbeweise. Ich bin durch Höllen gegangen, bis ich ihm klar gemacht hatte, daß nur ich die Richtige war. Ich mußte den Minnedienst erbringen und den Mann langsam erobern. Manchmal denke ich, daß solche Rollenverteilungen des Anfangs später nie vollständig in Frage gestellt werden.
Kapitel 10, Absatz 1210; siehe Kontext

LUCIA: Ja, ja, deshalb sagt Werther auch: "Und wie wert ich mir selbst werde, wie ich mich selbst anbete, seitdem sie mich liebt."
Kapitel 10, Absatz 1224; siehe Kontext

LUCIA: Mir ist der rasende Gefühlssturm in der Phase des Verliebtseins fremd. Mein Gefühl war ein leises, inwendiges Erzittern, als ich ihn zum erstenmal sah, und es war begleitet von dem nicht wahnhaften, sondern ganz klaren, schlichten Wissen, daß er für mein Leben die größte Bedeutung haben würde. Mich verlieben in einen anderen bedeutet für mich ein Wiedererkennen: den wiederfinden, zu dem ich gehöre und der zu mir gehört. Der andere ist dabei radikal wichtig als anderer, nicht als Projektionsfläche meines Egos.
Kapitel 10, Absatz 1232; siehe Kontext

LUCIA: Jan empfand meinen Satz "Wenn du stirbst, bringe ich mich auch um" immer als bedrohlich. Als Antwort bekam ich zu hören, daß ich nicht selbständig genug sei.
Kapitel 10, Absatz 1241; siehe Kontext

LUCIA: War da nicht ganz einfach die Angst vor dem Verlust und die paradoxe, aber faszinierende Lösung: Bevor alles zerfällt, bringe ich mich um?
Kapitel 10, Absatz 1243; siehe Kontext

LUCIA: Nein! Es ist möglich, die Liebe vor dem Tod zu bewahren.
Kapitel 10, Absatz 1251; siehe Kontext