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1. Begegnung
2. Eroberung
3. Sex
4. Phantasien
5. Eifersucht
6. Alltag
7. Dreiecke
8. Krise
9. Trennung
10. Verliebtheit

Autoren
Aaron
Arthur
Charlotte
Gabriel
Hector
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Judith
Lucia
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Salome



Beiträge von

GABRIEL

GABRIEL: Beginnen wir am Anfang. Am Anfang war der Blick.
Kapitel 1, Absatz 1; siehe Kontext

GABRIEL: Und die Begegnung entscheidet über den Partner. Waren es früher die richtigen Partner, werden es in Zukunft die richtigen sein? Der Tag der Begegnung entscheidet über den Fortgang des Lebens. Was geschah an diesem Tag?
Kapitel 1, Absatz 3; siehe Kontext

GABRIEL: Und doch erscheint mir der andere in den dramatischen Sekunden der Begegnung wie eine zwingende Erkenntnis. Aus einer Vielzahl von Konkurrenten wird er zweifelsfrei auserwählt.
Kapitel 1, Absatz 13; siehe Kontext

GABRIEL: Delikater, wenngleich zunehmend verkümmert, ist freilich der Geruchssinn. Unter Sexualwissenschaftlern hält sich übrigens die Hypothese, daß Schweißgeruch für Frauen ein Aphrodisiakum erster Wahl sei. Früher steckten die Tiroler Bauern während des Tanzens ein Taschentuch in die Achselhöhle und hielten es nachher ihren Angebeteten unter die Nase.
Kapitel 1, Absatz 23; siehe Kontext

GABRIEL: Am differenziertesten aber ist das Auge. Es ist ein Genuß, die Menschen zu betrachten. Ihre Anatomie, ihr Temperament, ihre Art, im Raum zu sein, Harmonie oder Disharmonie ihrer Bewegungen. Das Auge fragmentiert die Wahrnehmung und schafft ein Relief des Wesentlichen.
Kapitel 1, Absatz 25; siehe Kontext

GABRIEL: In Italien ist die Anziehungskraft, die von den Augen ausgeht, lebensfroh und ganz der Liebe gewidmet. Andere Völker hingegen würdigen ihre Mitmenschen keines Blickes, weil sie vor der Liebe Angst haben...
Kapitel 1, Absatz 28; siehe Kontext

GABRIEL: Die äußerlichen Reize prägen die Begegnung. Augen, Nase oder Mund, Haare, Beine oder Füße: Jeder Körperteil kann die Aufmerksamkeit auf eine Person lenken, die einem zufällig begegnet.
Kapitel 1, Absatz 32; siehe Kontext

GABRIEL: Man ist Herr des eigenen Unglücks, wenn die Ziele unerreichbar hoch gesteckt werden.
Kapitel 1, Absatz 42; siehe Kontext

GABRIEL: Die Geliebte dem Mystischen zu entlehnen, gibt wenig Aussicht auf Trieberfüllung. Es sei denn, man legt selbst Hand an. Ein Freund war als Sechsjähriger unsterblich in die Jungfrau Maria verliebt. Er erzählte, ihr Bild sei ihm jeden Abend erschienen und habe ihm ein grenzenloses Wonnegefühl vermittelt. Anläßlich dieser Erscheinungen hätten sich zum erstenmal Physis und Psyche mit Entzücken gepaart, und fortan habe er sich, die Hand am Glied und in Gedanken das erlauchte Antlitz erforschend, Abend für Abend in orgiastische Höhen emporgebetet...
Kapitel 1, Absatz 44; siehe Kontext

GABRIEL: Liebe ist Religion. Amen!
Kapitel 1, Absatz 46; siehe Kontext

GABRIEL: Ach, die Schönheit! Ich erliege dem Unheimlichen eines schönen Gesichts und dem langen und tiefen Aufruhr, den es in meinem Gemüt hervorruft...
Kapitel 1, Absatz 50; siehe Kontext

GABRIEL: Schönheit als zündender Funke, um Eros zur dämonischen Vermittlerkraft zu verhelfen zwischen unten und oben, zwischen Menschlichem und Göttlichem, Sterblichem und Unsterblichem, Nichthaben und Haben, Nichtwissen und Wissen. Für Platon führte das Beglücktsein durch den schönen Leib über die Liebe zur leiblichen Schönheit und zum Seelisch-Schönen schließlich zur Liebe jener 'Schönheit, die den Gedanken, dem Ideellen eignet'.
Kapitel 1, Absatz 56; siehe Kontext

GABRIEL: Belegt wird die verschrobene Subjektivität der Schönheitsideale durch die Erfahrung, daß es selten gelingt, zwei Freunde zu verkuppeln. Ich bin ein passionierter Kuppler, doch in zwanzig Jahren ist es mir nur dreimal gelungen.
Kapitel 1, Absatz 58; siehe Kontext

GABRIEL: Der Liebeswille fixiert sich auf alles, was sich bewegt, zudem auf allerlei Absonderlichkeiten: Schweißfüße, abgekaute Fingernägel, fehlende Zähne, überhaupt alle Arten von Verunstaltungen. Mein liebstes Beispiel stammt aus der frühen psychoanalytischen Literatur. Dort wird der Fall eines jungen Mannes beschrieben, der eine ausgeprägte Vorliebe für Prostituierte mit Gebiß hatte. Sie mußte es herausnehmen, und er lutschte daran, bis er den Höhepunkt erreichte.
Kapitel 1, Absatz 67; siehe Kontext

GABRIEL: Deswegen gefiel mir der Mythos von Narziß so gut. Wenn ich eine Zwillingsschwester gehabt hätte, hätte ich mich als Kind in sie verliebt.
Kapitel 1, Absatz 79; siehe Kontext

GABRIEL: Der Volksmund sagt: "Gleich und gleich gesellt sich gern" und "Gegensätze ziehen sich an". Ist eine Variante der anderen überlegen?
Kapitel 1, Absatz 83; siehe Kontext

GABRIEL: Ich habe eher die Fremde gesucht. Ich hatte die Phantasie der Gestrandeten, von der ich nichts wußte, die eine unbekannte Sprache sprach und von der ich daher nichts erfahren konnte. Gleichzeitig war dieses Szenario mit vertauschten Rollen - mit mir in der Rolle des Gestrandeten - mein liebster Traum. Vorhang auf, Licht an, ein bloßes In-der-Welt-Sein, und das Herz der Frau entzündet sich. Alles, ohne den Hampelmann zu spielen und ohne sich abzurackern. Veni, vidi, vici.
Kapitel 1, Absatz 88; siehe Kontext

GABRIEL: Der Alternde, der das frische Fleisch bevorzugt, und die junge Dame, die gern die Schläfen des Graumelierten krault, beide wissen, was sie voneinander zu erwarten haben.
Kapitel 1, Absatz 90; siehe Kontext

GABRIEL: Ein Freund flüchtete sich nach einem traumatischen Erlebnis in die Liebe zu einem fünfzehnjährigen Mädchen. Jahrelang hatte er eine platonische Beziehung zu einer Gleichaltrigen gehabt, in der Sex auf die Zeit nach der Heirat vertagt wurde. Eines Tages kam sie von einer Reise zurück und erzählte, sie hätte eine Abtreibung gehabt. Da der abgetriebene Embryo auf keinen Fall aus der Beziehung stammen konnte...
Kapitel 1, Absatz 93; siehe Kontext

GABRIEL: So wie ein konditioniertes Tier, das zwischen zwei Reizen hin- und hergerissen ist: erste Jugendliebe, stockend, stolpernd und unsicher tastend im Bett versus Reminiszenzen an kommerzialisiertere und natürlich souveränere Formen der sexuellen Begegnung.
Kapitel 1, Absatz 97; siehe Kontext

GABRIEL: Wer mit seiner Schönheit, seinem Intellekt, seiner Intelligenz oder seiner Kreativität kokettiert, im Inneren jedoch Selbstzweifel hegt, erwählt jemanden, der ihm die Zweifel nimmt.
Kapitel 1, Absatz 99; siehe Kontext

GABRIEL: Man will ja mit dem Partner auch angeben, sucht sich den schönen Partner nicht nur für sich selbst, möchte die andern neidisch machen und selbst interessanter werden.
Kapitel 1, Absatz 103; siehe Kontext

GABRIEL: Das stört ab einem bestimmten Alter nicht mehr.
Kapitel 1, Absatz 108; siehe Kontext

GABRIEL: Dann würde ich die Familienharmonie aufmischen...
Kapitel 1, Absatz 110; siehe Kontext

GABRIEL: Wie dem auch sei: Die Begegnung ist Zufall, die Objektwahl ergründlich, die Verliebten sind selbst blind, und Prognosen für die Zukunft sind unzulässig. Wenn sie eine gemeinsame Wohnung nehmen, holt der hinterlistige Alltag sie ein, schließlich fliegen die ersten Tassen. Da ist manch einer schneller auf dem Sprung als er dachte.
Kapitel 1, Absatz 116; siehe Kontext

GABRIEL: Oder man behält sie wie einen Fetisch, ohne Gebrauch davon zu machen.
Kapitel 1, Absatz 120; siehe Kontext

GABRIEL: Ich lasse mir Karten legen, mische Zaubertränke und Liebeselixiere und verabreiche der Frau meiner Wahl Genitalsaft von Stuten, um sie gefügig zu machen.
Kapitel 2, Absatz 124; siehe Kontext

GABRIEL: Ovid, Ars amatoria, publiziert vor knapp 2000 Jahren. Eine sehr übersichtliche und zudem penibel vollständige Darstellung.
Kapitel 2, Absatz 126; siehe Kontext

GABRIEL: "Bestätige immer, was sie sagt und gib ihr herablassend recht. Derweil schaue ihr verliebt in die Augen, berühre zärtlich die Tasse, aus der sie trinkt, und trinke gar von der gleichen Seite, an die sie ihre Lippen legte. Iß von eben den Dingen, von denen auch sie aß." Die Abhandlung endet mit einer Anstiftung zur Gewalttätigkeit in Fällen, in denen die Auserwählte sich ziert.
Kapitel 2, Absatz 128; siehe Kontext

GABRIEL: Ich kannte einmal einen Casanova-Verschnitt mit Frauenzeichen am Halskettchen.
Kapitel 2, Absatz 133; siehe Kontext

GABRIEL: Freunde von früher unterteilten zu Beginn einer Fete die Frauen in zwei Gruppen: in die, die ihnen gefielen, und in die, denen sie gefielen. Mit diesem Schema im Kopf gingen sie auf die Jagd und arbeiteten die Paletten nacheinander ab.
Kapitel 2, Absatz 138; siehe Kontext

GABRIEL: Wir finden diese Obsession bei dem Verführer von Kierkegaard wieder. Die Frau muß entführt, entjungfert, zerstört werden, weil sie von Natur aus mit verführerischen Instrumenten ausgestattet ist. Es entsteht eine Art Duell, ein kriegerisches Spiel. In dem Moment, in dem die Frau sich vollständig hingibt, verliert sie in Kierkegaards Augen die Faszination des Scheins. Sie ist Sex geworden, sie ist Frau geworden, und er haßt sie dafür, weil er sich nun seiner fleischlichen Begierde bewußt wird. Was er sucht und beneidet, ist die Unschuld.
Kapitel 2, Absatz 148; siehe Kontext

GABRIEL: Jan als unerreichbare Dame im Turm. Das ist eine schöne Vorstellung.
Kapitel 2, Absatz 156; siehe Kontext

GABRIEL: Am sinnlichsten ist die Erotik, die vom Gesicht der Frau ausgeht. Das geht über den puren Voyeurismus hinaus. Das ist Liebe.
Kapitel 2, Absatz 170; siehe Kontext

GABRIEL: Eine Bekannte verliebte sich am Telefon in einen Mann, den sie noch nie gesehen hatte, den Liebhaber ihrer besten Freundin. Sie verabredeten sich und hatten eine Affäre. Das Hauptmotiv ihrer Liebe war allerdings die Rivalität zu der anderen Frau. Sie füllte ihre Leere mit Projektionen und Imitationen: Die Affären meiner Freundin sind auch meine Affären.
Kapitel 2, Absatz 172; siehe Kontext

GABRIEL: Ich habe Verführung jedoch auch als Kunst zu gefallen erlebt. In Frankreich gilt die Geselligkeit als Lebenskunst. Dort will man gefallen, weil Applaus ein intensiveres Gefühl der Existenz verleiht. Das Spiel ist jedoch ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Die Kunst des Gefallens besteht in Liebenswürdigkeiten und Rücksichtnahmen, die dem anderen die Möglichkeit geben, sich geliebt zu fühlen.
Kapitel 2, Absatz 177; siehe Kontext

GABRIEL: Oder man greift selbst zum Wein und täuscht mehr vor, als man tatsächlich getrunken hat. So läßt sich besser operieren als in wirklich weintrunkener Stimmung. Man kann ungestraft Dinge sagen, zu denen man am nächsten Tag nicht zu stehen braucht, zu denen man aber sehr wohl stehen kann, wenn die Saat aufgegangen ist.
Kapitel 2, Absatz 180; siehe Kontext

GABRIEL: In München sprang eine verliebte Seele beim Anblick der Geliebten im Englischen Garten ins Wasser, kraulte zu einer Seerose und stand Sekunden später triefend vor der fassungslosen Frau, um ihr seine Liebe zu erklären.
Kapitel 2, Absatz 184; siehe Kontext

GABRIEL: Ja sicher, hinaus in die Welt mit dem Wissen um die einschlägigen Orte, an denen das Wild sich aufhält und gejagt werden darf: im Theater, im Café, bei Pferderennen, auf Partys.
Kapitel 2, Absatz 193; siehe Kontext

GABRIEL: Oder freier formuliert, nach Mick Jagger: "Eigentlich ging es bei unserer Musik nur darum, die Mädchen zu finden, die sich vögeln ließen."
Kapitel 2, Absatz 200; siehe Kontext

GABRIEL: Worte sind gefährlich.
Kapitel 2, Absatz 204; siehe Kontext

GABRIEL: Man kann also auch über Kleinanzeigen verführen. Dem Zufall, der die Menschen bisher zusammenführte, folgen programmierte Verbindungen komplementärer Körper und kybernetisierter Begierden. In der Schüchternheit bleibt mir die leise Hoffnung des geschriebenen Wortes.
Kapitel 2, Absatz 211; siehe Kontext

GABRIEL: "Nicht jeder sieht nach etwas aus. Aber die meisten wollen angenehm auffallen und streben danach. Die äußerlichste Art ist hierbei die leichteste."
Kapitel 2, Absatz 221; siehe Kontext

GABRIEL: "Stift, Schminke, fremde Federn helfen dem Traum von sich gleichsam aus der Höhle..."
Kapitel 2, Absatz 223; siehe Kontext

GABRIEL: Narzißtische Männer betonen die Distanz und wehren Beziehungen ab. Wenn man früher den Hof machen wollte, sprach man von Liebe. Die Verführung verfügte über eine umfangreiche Rhetorik, eine unerschöpfliche Sprache der Liebe. Man sagte Herz statt Sex und drückte als unerschütterliche Liebe aus, was unstillbarer Geschlechtsdrang war. Heute besteht die wahre Obszönität darin, an die Liebe zu erinnern, um frei von sexueller Fixierung über Leid und Torheit der Liebe zu sprechen. Die frontale Verführung wird daher so selten oder so schlecht praktiziert, weil es für den Anfang kein Rezept mehr gibt. Wohl aus diesem Grunde ersparen sich die meisten Menschen die Angst und die Verantwortung. Zwar verführen sie, doch sie beginnen nicht damit.
Kapitel 2, Absatz 241; siehe Kontext

GABRIEL: Es kommt leider selten vor, daß zwei Liebende, wenn sie sich erblicken, im gleichen Moment wissen, was sie wollen und großzügig zur Tat schreiten. Einer meiner Freunde hatte sich während einer Reise mit seinem Lover gestritten, man hatte sich für einige Stunden getrennt, und da war es passiert, mitten auf der Straße: der elektrisierende Blick des fremden Mannes, das gleichzeitige Zurückschauen nur einige Meter später, das anschließende kurze Gespräch in einer Aura von Vertrautheit und die träumerischen Stunden im Bett unmittelbar danach.
Kapitel 2, Absatz 243; siehe Kontext

GABRIEL: Womit wir bei einem anderen Thema wären: Sexualität. Denn um auf die imaginären Staubkörner zurückzukommen: Streicheln der Kleidung muß eine temporäre Ersatzhandlung bleiben.
Kapitel 2, Absatz 246; siehe Kontext

GABRIEL: Zwei Liebende sind immer auch zwei Körper. Sexuelle, sich erhitzende Körper.
Kapitel 3, Absatz 248; siehe Kontext

GABRIEL: Hat Liebe überhaupt etwas mit Sexualität zu tun? Es gibt rein sexuelle Beziehungen ohne Liebe, und es gibt Liebe ohne praktizierten Sex. Warum sollten Liebe und Sexualität immer glücklich zusammenfallen?
Kapitel 3, Absatz 251; siehe Kontext

GABRIEL: Reine Sexualität ohne Liebe entspricht nicht der Sexualität, die ich in einer Partnerschaft suche, und die Sexualität, die ich in der Liebe finde, ist tatsächlich nur ein Moment unter vielen anderen.
Kapitel 3, Absatz 255; siehe Kontext

GABRIEL: In meinen Ohren klingt das nach Gewalt. Als ginge es darum, den anderen niederzustrecken. Ich sehe dann einen Mann, der sich auf eine Frau stürzt und sie brutal 'nimmt'.
Kapitel 3, Absatz 283; siehe Kontext

GABRIEL: Wie fühlt sich dieser sexuelle Schwindel an?
Kapitel 3, Absatz 297; siehe Kontext

GABRIEL: Erotische Anziehungen gehen nie von einem ganzen Körper aus. Was dich verrückt macht am Geliebten, ist ein einzelner Körperteil, eine bestimmte Zone: die Haare, die Augen, der Mund oder irgendein anderes Fragment. Dann sieht du nur noch einen Mund durch die Welt spazieren. Oder du siehst nur Haare, die fallen, sich bewegen, nach hinten gelegt werden, wieder ins Gesicht fallen, glänzen und deren Farbe im Licht wechselt.
Kapitel 3, Absatz 302; siehe Kontext

GABRIEL: Da bin ich mir nicht sicher.
Kapitel 3, Absatz 323; siehe Kontext

GABRIEL: Einspruch! Es ist doch völlig ausgeschlossen, daß ich jeden Scheiß' – Entschuldigung – mitmache, den sich eine enthirnte Lustnudel zusammenphantasiert, nur damit sie die letzten Sprossen ihrer Lustleiter erklimmt. Es gibt Grenzen. Bei aller Liebe.
Kapitel 3, Absatz 354; siehe Kontext

GABRIEL: Bei mir nicht.
Kapitel 3, Absatz 356; siehe Kontext

GABRIEL: Dann wird du nie die sinnlichen Verzückungen des coitus reservatus erleben. Das Sperma, das sich zurückhält, eröffnet dem Liebenden die Vielfalt der weiblichen Erotik.
Kapitel 3, Absatz 359; siehe Kontext

GABRIEL: Daß es zuckt, sei unbenommen. Entscheidend ist die Interpretation des Phänomens sowie die Frage, weshalb es zuckt. Ich empfände das Zucken um so schöner, je weniger Hormone im Spiel wären. Am heftigsten zuckt es doch dort, wo noch erobert, entdeckt, gefesselt und beeindruckt werden will. Erobert wird jedoch nicht sexuelles Wohlverhalten, sondern die Persönlichkeit des anderen; gefesselt werden keine Extremitäten, sondern die Aufmerksamkeit; beeindruckt wird nicht durch sexuelle Leistungen, sondern durch Zärtlichkeit und Zuneigung.
Kapitel 3, Absatz 377; siehe Kontext

GABRIEL: Millionenfacher Zelltod.
Kapitel 3, Absatz 399; siehe Kontext

GABRIEL: Nicht unbedingt eine Mordphantasie. Sie will nur wissen, ob er sterblich ist.
Kapitel 4, Absatz 410; siehe Kontext

GABRIEL: Das Reich der Phantasie kennt keine Grenzen. Das geht sogar bis zur Vorstellung der Auslöschung des anderen. Der Mörder ist immer die Gärtnerin.
Kapitel 4, Absatz 412; siehe Kontext

GABRIEL: Mit wildfremden Personen stellt ihr euch das vor?
Kapitel 4, Absatz 418; siehe Kontext

GABRIEL: Du meinst zur Erotik?
Kapitel 4, Absatz 447; siehe Kontext

GABRIEL: Und was hat das mit Sexualität zu tun?
Kapitel 4, Absatz 449; siehe Kontext

GABRIEL: Daß alles gerinnt?
Kapitel 4, Absatz 465; siehe Kontext

GABRIEL: Aber sie kann ihn sammeln und zu Hybridkindern zusammenphantasieren, während der Mann seinen Samen ausstreut, ihn sozusagen verschleudert und immer wieder neuen produziert. Eine Tonne Samen in dreißig Jahren täglicher Männerfron.
Kapitel 4, Absatz 468; siehe Kontext

GABRIEL: Ich weiß gar nicht mehr, wo wir uns nun befinden. Von wo waren wir ausgegangen? Das waren Hectors Gerinnungsphantasien und jetzt sind wir plötzlich bei den Phantasien zu dritt. Ich verstehe zwar den Sprung nicht, aber das Thema finde ich ergiebig. Gibt es weitere Phantasien zu dritt?
Kapitel 4, Absatz 476; siehe Kontext

GABRIEL: Mich gruselt das. Da sind doch ungeheure Omnipotenzphantasien im Spiel. Da ist eine Frau, die aus unbekannten Gründen nicht mit dem Mann zusammen sein kann, den sie liebt, die aber auch nicht von ihm loskommt. Und diese Frau phantasiert dann eine andere zwischen sich und ihn, die all das macht, was sie nicht kann. Das hört sich sehr nach Stellvertretersex an.
Kapitel 4, Absatz 480; siehe Kontext

GABRIEL: Die Männer sind karger, wenn sie ihre mystischen Zustände beschreiben. Es trifft aber zu: Im Augenblick des Orgasmus besteht eine Konfluenz, ein Einssein zwischen Mann und Frau, Individuum und Welt hören auf zu existieren.
Kapitel 4, Absatz 486; siehe Kontext

GABRIEL: Ja, doch in der Jugendzeit reichte mir dieser 'kleine Tod' nicht. Mein Wunsch nach Symbiose ging bis zur Todessehnsucht. Ich stellte mir vor, unser Zimmer als Gruft aus rotem Samt auszubauen, um die Außenwelt von uns abzuschirmen. In unserem Kleiderschrank hatte ich Infusionsflaschen versteckt, für den Fall, daß sie erkranken könnte. Wir waren beide darauf eingestellt, irgendwann zusammen Selbstmord zu begehen. Aber nicht nur aus meiner Angst heraus, sie zu verlieren, sondern weil der Gedanke, daß der Tod uns voneinander trennen könnte, unerträglich war. Die Verewigung unserer Liebe ließe sich am besten in der Phantasie der im Tode vereinigten Geliebten verdeutlichen.
Kapitel 4, Absatz 488; siehe Kontext

GABRIEL: Und schon sind wir bei den zoophilischen Phantasien! Dürfen es auch Hunde, Katzen, Hühner und Hausschweine sein?
Kapitel 4, Absatz 496; siehe Kontext

GABRIEL: Du meinst, daß Frauen wirklich so reden?
Kapitel 4, Absatz 500; siehe Kontext

GABRIEL: ...ein übermäßiges Handeln, sich überschlagen, auch ein Übergreifen in die Bereiche des anderen scheint mir damit verbunden zu sein...
Kapitel 5, Absatz 509; siehe Kontext

GABRIEL: Das ist eines der ganz zentralen Themen im Leben der meisten Paare.
Kapitel 5, Absatz 524; siehe Kontext

GABRIEL: Es ist schwierig, diese Grenzen zu bestimmen. Warum tobt der Supergau gerade im sexuellen Bereich, warum ist das so fürchterlich?
Kapitel 5, Absatz 550; siehe Kontext

GABRIEL: Wäre es nicht schön, es hätte vor dir keine Götter gegeben?
Kapitel 5, Absatz 552; siehe Kontext

GABRIEL: Das ist die Like-a-virgin-Urphantasie. Das gilt vermutlich nicht für Leute, die 30 oder 40 sind. Wenn man selbst zehn Beziehungen hatte, darf man nicht von der Jungfrau träumen.
Kapitel 5, Absatz 565; siehe Kontext

GABRIEL: In diesem Fall hat die Partnerschaft einen bestimmten Punkt noch nicht erreicht, an dem man sie wirklich als solche bezeichnen könnte. Irgendwann muß so etwas wie ein 'Basisvertrauen' erreicht werden, sonst bricht alles auseinander.
Kapitel 5, Absatz 573; siehe Kontext

GABRIEL: Was heißt zu erreichen?
Kapitel 5, Absatz 579; siehe Kontext

GABRIEL: Sie waren vielleicht einfach sechs oder sieben Jahre älter.
Kapitel 5, Absatz 584; siehe Kontext

GABRIEL: Ist sie nicht süß?
Kapitel 5, Absatz 591; siehe Kontext

GABRIEL: Eben, was gibt es besseres und schöneres...
Kapitel 5, Absatz 593; siehe Kontext

GABRIEL: Manchmal wird man verlassen, weil man krankhaft eifersüchtig ist.
Kapitel 5, Absatz 614; siehe Kontext

GABRIEL: Das kann ein Lebensinhalt werden, vielleicht auch im positiven Sinne. Zu jeder Tageszeit schweifst du mit den Gedanken zu der Geliebten, du willst zu ihr, kannst dich ohne sie an nichts freuen.
Kapitel 5, Absatz 619; siehe Kontext

GABRIEL: Das heißt doch, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben!
Kapitel 5, Absatz 626; siehe Kontext

GABRIEL: Ihn halten durch Selbstauslöschung? Ihn halten durch einen Wahn, in dem sich dein Ich in nichts auflöst?
Kapitel 5, Absatz 633; siehe Kontext

GABRIEL: Ein frei flottierender Charakter.
Kapitel 5, Absatz 641; siehe Kontext

GABRIEL: Stell dir vor, du bist nun ein Jahr mit der Frau deiner Träume zusammen, ihr lebt in einer Wohnung, und die erste Phase des Liebessturms hat sich gelegt. Das gemeinsame Leben beginnt sich einzurichten. Regelmäßige Einkäufe, Verteilung der Aufgaben, gemeinsame Freunde etc. Passiert in dieser Phase des Übergangs und der Verfestigung der Beziehung nicht etwas sehr Entscheidendes? Oder anders gefragt: Ist das nicht der Punkt, an dem sich entweder die ersten Risse andeuten oder das Gefühl auftaucht, daß es für längere Zeit klappen könnte?
Kapitel 6, Absatz 655; siehe Kontext

GABRIEL: Kennt ihr Techniken, die Harmonie im Alltag bewußt zu sprengen?
Kapitel 6, Absatz 669; siehe Kontext

GABRIEL: Welche Arten von Minen habt ihr denn zu Hause?
Kapitel 6, Absatz 671; siehe Kontext

GABRIEL: Solche Alltagsbanalitäten führen zu den größten Auseinandersetzungen innerhalb der Beziehung. Man müßte sich dann aber fragen, ob nicht auf die Dauer das anfänglich überschwengliche Liebesgefühl dadurch so sehr abgenutzt wird, daß am Ende nichts mehr übrigbleibt außer einer Beziehung ohne Bodensatz, ohne Essenz.
Kapitel 6, Absatz 685; siehe Kontext

GABRIEL: Dürfen wir das als Generalangriff auf alle Versuche betrachten, den Beziehungsalltag ästhetisch zu verfeinern?
Kapitel 6, Absatz 696; siehe Kontext

GABRIEL: Wir können jetzt vielleicht fragen, wie es mit der Verdauung des Festessens aussieht. Ich meine den gesamten Verdauungsapparat, der die Intimsphäre des einzelnen betrifft. Könnte man nicht sagen, daß, wenn man sich in diesem Bereich dem anderen gegenüber öffnet, die Beziehung sich in entscheidender Weise festigt?
Kapitel 6, Absatz 698; siehe Kontext

GABRIEL: Der Bereich ist ein exquisit vertrauter und in der Regel nicht sexuell besetzt.
Kapitel 6, Absatz 702; siehe Kontext

GABRIEL: Das ist der Einbruch des radikal Disharmonischen in die funktionierende Zweierbeziehung. Dem ist nicht vorzubeugen.
Kapitel 6, Absatz 728; siehe Kontext

GABRIEL: Da bin ich weiblicher als du. Ich liebe es, Staub zu saugen. Es ist ein wollüstiger Akt. Man muß nicht einmal sehen, was man wegsaugt, es ist eine Frage der Empfängnis.
Kapitel 6, Absatz 730; siehe Kontext

GABRIEL: Eine andere Möglichkeit der Konfliktbeseitigung wäre, die Tür hinter sich zuzuknallen und für ein paar Stunden oder Tage wegzubleiben. Das hätte wahrhaft kathartische Wirkung.
Kapitel 6, Absatz 736; siehe Kontext

GABRIEL: Aber was geschieht, wenn ein Paar aus der großen Verliebtheit erwacht und die Geschichte plötzlich Risse bekommt?
Kapitel 6, Absatz 748; siehe Kontext

GABRIEL: Am Anfang waren sie zu zweit, und plötzlich sind sie zu dritt. Ohne Kind, dafür mit Nebenbuhler oder Nebenfrau. Was tun? Hält man still, oder schaut man der Bescherung zu? Wenn ja, wie lange? Wie geht man mit dem Prinzip des Dritten in einer Beziehung um?
Kapitel 7, Absatz 751; siehe Kontext

GABRIEL: Nach welchen Kriterien sucht man sich Freunde aus? Wie allen Realitäten des Gefühlslebens entzieht sich die Freundschaft häufig dem Zugriff des Verstands.
Kapitel 7, Absatz 763; siehe Kontext

GABRIEL: Diese Auffassung kann aber nicht von denen geteilt werden, die jede Freundschaft als die Verkleidung einer homosexuellen Anziehung ansehen. Solche Freunde kennen die Qual der Eifersucht. Statt miteinander das Transzendente zu suchen, halten sich beide gegenseitig für das Transzendente. Das kann nur zu Enttäuschungen führen und früher oder später zum Zerbröckeln der Freundschaft.
Kapitel 7, Absatz 769; siehe Kontext

GABRIEL: In den 70er Jahren haben viele Menschen keinen Widerspruch zwischen Freundschaft und Sexualität gesehen. Sie dachten, daß eine innige geistige Begegnung sie zwangsläufig dazu bringen würde, auch die körperliche Begegnung zu suchen. Man ging sehr schnell mit Freunden ins Bett.
Kapitel 7, Absatz 775; siehe Kontext

GABRIEL: Du weißt doch besser als ich, daß eine inzestuöse Bindung mit der Mutter die platonische Liebe möglich macht. Deine Verehrer haben alle einen Mutterkomplex. Sie haben Angst, sich festzulegen, drücken sich um die Verantwortung und brauchen den Ehemann als Konkurrenten. Das ist doch alles füchterlich ödipal!
Kapitel 7, Absatz 783; siehe Kontext

GABRIEL: ...und die Rivalität zu König Marc, dem Ehemann. Der Kampf gegen das patriarchalische Gesetz, das der König verkörpert.
Kapitel 7, Absatz 789; siehe Kontext

GABRIEL: Seltsam, daß wir von einer Macht sprechen, einem dritten Moment, einem Reiz. Es scheint mir wichtig zu klären, worin dieser Reiz eigentlich besteht.
Kapitel 7, Absatz 796; siehe Kontext

GABRIEL: Es gibt Mächte, die die Heimlichkeit zerstören.
Kapitel 7, Absatz 800; siehe Kontext

GABRIEL: Mir gefällt dieser poetische Aspekt. Das Schreiben unzähliger Briefe, die Beschreibungen deiner derzeitigen Lebenslage und deiner Gefühle, geben einer Beziehung eine andere Dimension. Immer wieder erfindet man neue Kosenamen, und du kicherst vor dich hin, wenn du dir ihre Reaktion auf einzelne Passagen in deinem letzten Brief vorstellst. Die täglichen Gänge zum Briefkasten, das fieberhafte Lauschen auf das Klappern des Briefkastendeckels. Wehe, dieses Klappern bleibt einmal aus!
Kapitel 7, Absatz 811; siehe Kontext

GABRIEL: Ich hatte zwei Freunde, die immer wieder die gleichen Frauen begehrten. Früh morgens fuhren sie Brötchen aus, der eine von vier bis sieben, der andere von sieben bis zehn. Um sieben wurde der Platz im Bett getauscht. Die Frau blieb liegen. Im Grunde waren alle Frauen ein Alibi für ihre nicht ausgelebte Homosexualität.
Kapitel 7, Absatz 823; siehe Kontext

GABRIEL: Nicht das Begehren nach dem Objekt der Liebe ist in der Dreiecksbeziehung wesentlich, sondern das Duell mit dem Rivalen.
Kapitel 7, Absatz 825; siehe Kontext

GABRIEL: Ist das Untreue? Wenn man ehrlich ist, muß man mit Retourkutschen rechnen, und davor hat man Angst. Man nimmt dem Partner die Freiheit, adäquat zu reagieren und zu entscheiden. Eine Bekannte hatte eine Affäre, von der sie allen gemeinsamen Freunden unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählte. Der Partner wurde zum Dorfgehörnten, das preisgegebene Geheimnis stellte ihn ins gesellschaftliche Abseits.
Kapitel 7, Absatz 839; siehe Kontext

GABRIEL: Ausgeglichene Konten sind für mich extrem wichtig. Als ich erfuhr, daß plötzlich in Dritter im Spiel war, dauerte es nicht lange, und wir waren zu viert.
Kapitel 7, Absatz 843; siehe Kontext

GABRIEL: Ich habe die andere nicht benutzt. Die Beziehung war sehr intensiv und liebevoll. Außerdem hatte sie selbst auch einen Freund.
Kapitel 7, Absatz 846; siehe Kontext

GABRIEL: Diese Zeit habe ich nicht bereut.
Kapitel 7, Absatz 848; siehe Kontext

GABRIEL: Dazu würden Jules und Jim vermutlich sagen: Treue ist Faulheit. Können die Menschen überhaupt zu zweit sein?
Kapitel 7, Absatz 850; siehe Kontext

GABRIEL: In welcher Form?
Kapitel 7, Absatz 854; siehe Kontext

GABRIEL: Auch die Eifersucht kann zu einer folie deux führen.
Kapitel 7, Absatz 856; siehe Kontext

GABRIEL: Darüber sprechen wir nach dem Ende des Buches.
Kapitel 7, Absatz 863; siehe Kontext

GABRIEL: Was haltet ihr davon, wenn das Tagebuch zur vertrauten Person wird, der man die Alltagsprobleme mit dem Partner anvertraut?
Kapitel 8, Absatz 886; siehe Kontext

GABRIEL: Ein exzellentes Bild, dieser Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Partner verändert plötzlich sein Aussehen, nimmt in Windeseile an Gewicht zu, so daß er nicht wiederzuerkennen ist. Ein Freund beklagte sich darüber, daß seine Frau im ersten Jahr nach der Heirat 20 Kilo zugenommen hatte. Er fragte sich, ob er nicht die Gültigkeit der Ehe anzweifeln mußte.
Kapitel 8, Absatz 896; siehe Kontext

GABRIEL: Oder eine anfängliche Differenz schwindet langsam, wenn sich zum Beispiel ein 15jähriges Mädchen in einen doppelt so alten Mann verliebt, mit der Zeit jedoch zunehmend die Bewunderung für ihn verliert, als sie merkt, daß auch er nur mit Wasser kocht. Wenn man Gott das Wasser reichen kann, fällt er vom Himmel.
Kapitel 8, Absatz 898; siehe Kontext

GABRIEL: Eine Beziehung zu einem sehr viel jüngeren Menschen birgt Risiken. Was zunächst Labsal für denjenigen ist, dessen Jugend im Schwinden begriffen ist, wird im Laufe der Zeit die Konfrontation mit einer anderen Generation.
Kapitel 8, Absatz 900; siehe Kontext

GABRIEL: Das geschieht sehr häufig in der späten Phase, nach fünf, sechs Jahren oder im verflixten siebten, wenn jegliche Dynamik stillgelegt ist, die Liebe fest im Fett der Gewohnheiten sitzt und der andere zu einem Bestandteil meiner Identität geworden ist. Dann habe ich ihn vollends absorbiert, habe ihn zur Grundkonstante meines eigenen Daseins und damit gänzlich bewegungslos und unveränderbar gemacht. Die Liebe ist in diesem Stadium petrifiziert, der Geliebte wird zur Statue.
Kapitel 8, Absatz 903; siehe Kontext

GABRIEL: Liebe ist aber Veränderung. Der Partner wird zum Sprungbrett, das mich in die Zukunft und unter die Menschen wirft. Wenn wir den Partner in einer statischen Rolle festschreiben, geht die Liebe zu Ende. Dann ist der Mensch für uns erledigt.
Kapitel 8, Absatz 905; siehe Kontext

GABRIEL: Ein über sich selbst lachender Penis wider den tierischen Ernst der Sexualtherapeuten. Köstlich!
Kapitel 8, Absatz 915; siehe Kontext

GABRIEL: Bei wem?
Kapitel 8, Absatz 924; siehe Kontext

GABRIEL: Und wie reagiert die Frau darauf?
Kapitel 8, Absatz 926; siehe Kontext

GABRIEL: Unerträglich, diese Vorwürfe aus Urzeiten, Jahre oder Jahrzehnte alt! Plötzlich liegen sie während der Auseinandersetzung auf dem Tisch, frisch wie gerade gelegt. Dann hört man, daß man schon immer so gewesen ist, sich nie geändert hat und sich nie ändern wird. Zum Schluß kommt der Blick ins Familienalbum der brüskierten Gefühle, der temporären Fehltritte und der zeitweiligen Lieblosigkeiten, alles unendlich losgelöst von dem augenblicklichen Empfinden. Nichts ist tödlicher für die Liebe als die Zerrspiegel mit den Bildern von damals.
Kapitel 8, Absatz 940; siehe Kontext

GABRIEL: Aber worauf denn nun eigentlich? Wie sieht sie denn aus, die Verwilderung der Beziehung?
Kapitel 8, Absatz 958; siehe Kontext

GABRIEL: Aus einem Streit kann eine Trennung werden, ein Abschied auf Zeit oder für immer. Geht so etwas Knall auf Fall oder steht die Intensität der Trennung in einem Verhältnis zu der des Anfangs, als man zueinander fand? Je intensiver der Anfang, desto spektakulärer das Ende? Wie sieht die große Revolte aus?
Kapitel 9, Absatz 985; siehe Kontext

GABRIEL: Verhaltene Ruhigstellung versus überstürzte Aktion?
Kapitel 9, Absatz 1009; siehe Kontext

GABRIEL: Mit anderen Worten: man muß sich immer wieder trennen, um sich auch lieben zu können.
Kapitel 9, Absatz 1019; siehe Kontext

GABRIEL: Die Liebe verwandelt den anderen in ein mysteriöses Wesen, das man nicht besitzen kann und von dem man getrennt bleibt. Vielleicht ist gerade das die Liebe: Sich in einem gleichen Raum aufzuhalten, sich in der Nähe des Geliebten zu befinden, der sich seinerseits seinen Dingen widmet und zuläßt, daß die Trennung in die Liebe integriert wird statt zu ihrer Auflösung zu führen, wenn die erzählerische Ordnung der Passion umgestoßen wird.
Kapitel 9, Absatz 1023; siehe Kontext

GABRIEL: Ist das ein prinzipieller Makel? Die geforderte Autonomie des liebenden Subjekts ist doch ein längst durchschauter Mythos, der in der antibürgerlichen Revolution errichtet worden ist. Warum immer diese Dichotomien? Ich habe auch in meiner Partnerschaft ein ganz eigenes Leben, eigene Interessen und ein selbstreflexives Verhältnis zu dem, was ich tue, fühle, will. Ich gebrauche den anderen nicht, brauche ihn aber von jeher, weil ich mir ein Leben ohne Dialog nicht vorstellen kann oder will.
Kapitel 9, Absatz 1042; siehe Kontext

GABRIEL: Wie war es, als du zurückkamst? Genauso wie vorher?
Kapitel 9, Absatz 1044; siehe Kontext

GABRIEL: Ja, man muß irgendwann und immer wieder mal den Tisch ganz abräumen. Aber wie groß ist der Verlust, der entsteht, wenn plötzlich der einzige und intimste Zeuge der eigenen Vergangenheit wegfällt, nur noch die subjektive Erinnerung bleibt?
Kapitel 9, Absatz 1049; siehe Kontext

GABRIEL: Was doch nichts anderes heißt, als daß ich mit der Entscheidung zu gehen, erst über die Interpretation der vergangenen und nicht ausgelebten Ereignisse entscheide. Ich fixiere sie auf das Ende hin und beraube mich damit der Möglichkeit, über meinen Lebensweg noch einmal anders entscheiden zu können.
Kapitel 9, Absatz 1051; siehe Kontext

GABRIEL: Geht das so abrupt?
Kapitel 9, Absatz 1059; siehe Kontext

GABRIEL: Die Schlüssel zur Wohnung des anderen, die noch so lange von Bedeutung sind, wie der andere noch Schlüssel zum eigenen Ich zu sein scheint.
Kapitel 9, Absatz 1063; siehe Kontext

GABRIEL: Noch einmal: Was muß man einpacken, um wirklich zu gehen?
Kapitel 9, Absatz 1083; siehe Kontext

GABRIEL: Die Qualität des Geschehens zwischen mir und der anderen ist dann prinzipiell voraussehbar. Es gibt keine Eventualitäten, keine Ein- oder Ausbrüche mehr, keine Möglichkeit der Fremdheit zwischen uns. Die Geliebte muß für mich in meiner Phantasie offen bleiben für ein unerwartetes Ja zu einer neuen Lebensentscheidung oder für ein plötzliches Nein zu einer schleichenden Anpassung an das, was man so tut. Wird sie zum Typus, dann ist Bewegung nicht mehr denkbar, dann senken sich die Schatten.
Kapitel 9, Absatz 1099; siehe Kontext

GABRIEL: In der Situation des Zweifelns macht man also vergleichende Forschungen?
Kapitel 9, Absatz 1109; siehe Kontext

GABRIEL: Die Tränen um den anderen. Sind sie nicht ein Schleier, um den anderen nicht mehr sehen zu müssen? Man weint nie um den Verlust, das ist die pure Selbsttäuschung, jedenfalls wenn man selbst verläßt. Man weint, um den anderen nicht mehr sehen zu müssen, weil es nur um einen selbst geht.
Kapitel 9, Absatz 1136; siehe Kontext

GABRIEL: Ende.
Kapitel 9, Absatz 1142; siehe Kontext

GABRIEL: Wer akut verliebt ist, ist fähig, alle bisherigen Beziehungen zu sprengen. Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber den Zurückgelassenen – Partner, Familie, Freunde – sind mitunter erstaunlich. Verliebte gelten als unberechenbar und verrückt. Woher stammt die Kraft der Verliebtheit, warum wird in einem Leben eine Zäsur gesetzt, woher die Schlaflosigkeit und die Appetitlosigkeit? Aus welchen Quellen speist sich der Wahn?
Kapitel 10, Absatz 1143; siehe Kontext

GABRIEL: Wir wollten nicht über Einmaligkeiten oder Häufigkeiten von Gefühlen sprechen, sondern über das Unvorhersehbare, das Launenhafte und das Flatterhafte, das die Verliebten umtreibt. Woher also die Nähe zur Psychopathologie?
Kapitel 10, Absatz 1147; siehe Kontext

GABRIEL: Aus dem animalischen Zustand hat sich der Mensch längst herausentwickelt. Er ist von Natur aus gesellschaftlich, und seine Sexualität ist es auch. Sexualität ist eine gesellschaftliche Kategorie. Der Sex ist wie der Mensch oder das Soziale möglicherweise vergänglich.
Kapitel 10, Absatz 1161; siehe Kontext

GABRIEL: Verliebtheit auf Sex zu reduzieren, greift zu kurz. Sex ist zwar gut für schwindelerregende somatische Sensationen, doch er erklärt die Ungeduld, die Weinkrämpfe, die Ohnmachten und die Verausgabung ebensowenig wie die Veränderungen in unserer Wahrnehmung und in unserer Gedankenwelt. Die Bilder des Geliebten beherrschen die letzten Gedanken vor dem Einschlafen und den ersten Gedanken nach dem Aufwachen. Diese Allgegenwart der Bilder wird später nur durch eine sehr starke Eifersucht erreicht. Und durch die Angst vor Krankheit und Tod. Schon aus dem Zusammentreffen dieser sehr unterschiedlichen Ursachen ersehen wir, daß das Verliebtsein an die Substanz geht.
Kapitel 10, Absatz 1171; siehe Kontext

GABRIEL: Wir haben über die Schatten der Vergangenheit gesprochen, die in allen Stadien unserer Liebesbeziehungen über uns kommen. Vergessen haben wir darüber die prägenden Einflüsse aus der von uns imaginierten Zukunft, die ebenso real sind wie das Vergangene. Auch deshalb darf man die Erklärung des Phänomens Liebe auf gar keinen Fall der Psychoanalyse überlassen. Nicht das Gestrige im Unbewußten ist die Dimension der Verliebten, sondern das Vorbewußte, die Dämmerung nach vorwärts. Dort liegt der Geburtsort des Neuen. Dorthin wollen die Verliebten.
Kapitel 10, Absatz 1173; siehe Kontext

GABRIEL: Weiß ich, wer ich bin? Ich bin doch jedes Mal ein anderer, mit jedem Partner ein neuer Spielball der Reize, der Zuschreibungen und Versuchungen und vor allem Spielball dessen, was der Partner von mir glaubt. In der Verliebtheit wird eine Kernfrage des Selbst-seins auf die Spitze getrieben. Im Steppenwolf steht dazu: "Es ist ein, wie es scheint, eingeborenes und völlig zwanghaft wirkendes Bedürfnis aller Menschen, daß jeder sein Ich als eine Einheit sich vorstellt, wo doch kein Ich, auch nicht das Naivste, eine Einheit, sondern eine höchst vielfältige Welt, ein Sternhimmel, ein Chaos von Formen, von Stufen und Zuständen, von Erbschaften und Möglichkeiten ist."
Kapitel 10, Absatz 1175; siehe Kontext

GABRIEL: Softe Sprüche wie "Weißt du, ich möchte mich eigentlich nicht binden" oder "Es ist besser, wir legen uns nicht fest" hasse ich. Mit einer Ausnahme: Wenn sich beide auf die Unverbindlichkeit einigen. Erhebt aber nur einer der Partner die Unverbindlichkeit zum Prinzip, gibt es zwei Varianten. Im besseren Fall ist es ein Zeichen von Unsicherheit, die aus Angst vor Enttäuschung die erreichbaren Ziele tief ansetzt. Im schlechteren Fall ist es ein mieses Spiel, um den anderen von Beginn an in die schwächere Position hineinzudrängen. Das bedeutet Machtkampf vom ersten Tag an.
Kapitel 10, Absatz 1190; siehe Kontext

GABRIEL: Natürlich, Gefühle wachsen an Hindernissen. Doch die Widerstände sollten von außen kommen. Eltern, die sich gegen die Beziehung sperren oder auch Freunde, die den Partner als Eindringling in die gewohnte Clique empfinden. Gegen die kann man sich solidarisieren. Das schweißt zusammen.
Kapitel 10, Absatz 1192; siehe Kontext

GABRIEL: Also ohne Widerstand keine Liebe?
Kapitel 10, Absatz 1194; siehe Kontext

GABRIEL: Dein Sprengstoff erinnert mich an einen Leitsatz von vor zwanzig Jahren. Die Universalbegründung allen Handelns war damals, daß die Jugend zum Unterlaufen des Bestehenden bestimmt sei.
Kapitel 10, Absatz 1202; siehe Kontext

GABRIEL: Könnt ihr euch in Menschen verlieben, die ihr seit langem kennt?
Kapitel 10, Absatz 1204; siehe Kontext

GABRIEL: Solange diese Fragen nicht beantwortet sind, stehen erhebliche Hindernisse vor der Wunscherfüllung.
Kapitel 10, Absatz 1208; siehe Kontext

GABRIEL: Das gehört aber schon zu einer späteren Phase der Beziehung. Das Faszinierende in der frühen Zeit des unbeschwerten Verliebens ist doch die Tatsache, 'ich bin' sagen zu dürfen, statt immerzu nur die Interpretationen deiner selbst von den anderen zu hören, die unendlichen Litaneien des 'du bist...'. Keine Frage: das funktioniert mit dem Unbekannten, dem ich mich so präsentieren kann, wie ich mich in der augenblicklichen Lebensphase fühle. Verliebtsein ist ein Fest der Gegenwart. Das kühlende Wasser des Neubeginns spült von uns den klebrigen Schweiß der Vergangenheit. Endlich kann ich mich in einem Menschen so wiederfinden, wie ich mich sehe.
Kapitel 10, Absatz 1215; siehe Kontext

GABRIEL: Kaum eine Biographie, die nicht über Zeiten berichtet, in denen der gegenseitige Treueschwur lax interpretiert wird. Die sporadischen Untreueattacken sind von der systematischen Untreue natürlich streng zu differenzieren.
Kapitel 10, Absatz 1220; siehe Kontext

GABRIEL: Die in einem langweiligen Leben gefangene Kreatur auf der Suche nach einer Ich-Variante, die gehetzte Selbstverwirklichung als graue Eminenz bei der Inszenierung altruistischen Liebeswahns... Nicht schlecht!
Kapitel 10, Absatz 1223; siehe Kontext

GABRIEL: Am Anfang unserer Verliebtheit stehen nur wir allein im Mittelpunkt des Geschehens. Wer denn sonst? Etwa die Geliebte, die wir nicht kennen und von der wir nicht wissen, was sie fühlt, wie sie denkt und woran sie glaubt? Wo soviel Fassade ist, fällt das Gefühl auf sich selbst zurück, wird der Zuschauer zum Protagonisten. Ich habe nichts dagegen, daß Verliebtheit sich als rauschendes Fest unserer Individualität entpuppt. Die Vorstellung eines rasenden Gefühlssturms, der auf sich selbst zurückfällt, finde ich sogar faszinierend.
Kapitel 10, Absatz 1230; siehe Kontext

GABRIEL: Die platonische Idee von dem in zwei Geschlechter gespaltenen Wesen, das sich in der Liebe erneut vereint, das Androgyne, hat die ersten Jahre unserer Geschichte entscheidend bestimmt.
Kapitel 10, Absatz 1237; siehe Kontext

GABRIEL: Die meisten dieser Todesbilder sind natürlich Metaphern. Liebe und Tod sind so eng beieinander angesiedelt, weil jede Trennung ein kleiner Tod ist und jede Trennungsphantasie daher Todesängste auslöst.
Kapitel 10, Absatz 1249; siehe Kontext

GABRIEL: Wir sollten nach unserem Gespräch die Lebensentwürfe überprüfen. Sich verlieben als Erneuerung, als Expedition in die Neugeburt, das könnte einem Leben ungeahnte Möglichkeiten erschließen.
Kapitel 10, Absatz 1253; siehe Kontext