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Textproben
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Beiträge von JAN
JAN: Die Negativkriterien sind bei der Begegnung
übrigens genauso wichtig wie die Positivkriterien.
Bei mir kamen sehr viele Frauen überhaupt nicht in
Frage. Ganz blonde oder hellhäutige Frauen stehen
außerhalb jeder Diskussion, auch Frauen, die ein
sehr gemächliches Leben führen, morgens aufstehen,
vier Stunden frühstücken, sich hinsetzen und
lesen, gleich wieder Kaffee trinken... Man kann
einen solchen Menschen als guten Freund gewinnen.
Aber: Sexualität, Erotik, alles, was auch zur
Liebesbeziehung gehört, wäre von vornherein
abgekappt.
JAN: ...du gehst dazwischen, es macht blubb!, und
du bist weg.
JAN: Das Bild der Eltern wirkt sehr
unterschiedlich, mal abstoßend, mal anziehend. Für
mich wäre es der einzige Horror, vom Partner zu
hören, 'du bist wie mein Vater' oder 'du bist wie
meine Mutter'. Ich möchte Jan sein und kein
Abziehbild eines anderen.
JAN: ...obwohl du schon bei der ersten Begegnung
extrem erotisiert bist und keinen anderen Gedanken
hast als nur den einen.
JAN: Ich habe mich immer gefragt, welche Männer zu
Verführern werden. Was ist ihr Geheimnis?
JAN: Und welche Manöver denkt er sich aus, um
seine Beute zu verführen?
JAN: Ja, ich kenne das, doch das ist nur
Bequemlichkeit.
JAN: Eine Strategie ist nur dann eine Strategie,
wenn sie wiederholbar ist.
JAN: Strategien müssen globaler sein, die Terrains
besser vorbereitet. Ich glaube nicht an Strategien
für den Einzelfall, sondern nur an gute
Vorbereitungen. Der oberste Grundsatz ist: hinaus
in die Welt, Gesicht zeigen und Farbe bekennen.
Wer Geliebter werden will, muß vor die Tür.
JAN: Dann wäre der arme Sex nichts als eine
verzweifelte Anstrengung, ein phantastisches
Verlangen zu erfüllen?
JAN: Aber ich verliebe mich doch nicht in eine
Frau, mit der ich mir nicht vorstellen kann, ins
Bett zu gehen. Der Wunsch nach Sexualität ist im
Verliebtsein immer eingeschlossen. Die Forderung,
den Sex nicht so wichtig zu nehmen, ist absurd. Es
ist ein romantischer Mythos, daß Sex funktionieren
muß, wenn sich zwei Charaktere wunderbar verstehen
und sich in Harmonie in die Augen schauen. Im Bett
entscheidet sich die Sache.
JAN: Sicherlich ist es aufregend, das Verlangen
zunächst in kleinen Portionen zu genießen.
Trotzdem: Das Interesse am Sex mit dem anderen ist
von Anfang an vorhanden. Die Frage ist, wie man es
beginnt, langsam oder sofort am ersten Abend. Das
hängt noch nicht einmal von deinem Typ ab. Das
gehört zur Willkürlichkeit des Sex.
JAN: Es ist ein Übereinanderherfallen, wo sich
etwas Erotisches aufgestaut hat.
JAN: Du bist ganz und gar Körper, nichts sonst. In
jedem Augenblick bist du ausschließlich das, was
du gerade fühlst, was man dich gerade fühlen läßt.
Hier, dort, an den verschiedensten Stellen,
nacheinander, gleichzeitig.
JAN: Das glaube ich nicht. Stell' dir vor, du bist
in den Sommerferien, irgendwo im betäubenden Süden
am Meer. Plötzlich steht ein verrückter Körper vor
dir, braungebrannt. Am Strand liest sie Vom Winde
verweht, sie trägt einen pinkfarbenen Bikini und
eine unmögliche Sonnenbrille. Alles was du außer
ihrem Körper siehst, läßt dich verzweifeln. Kein
Wort könntest du mit ihr wechseln. Trotzdem bringt
dich der Körper um den Verstand, du liegst den
ganzen Tag nur auf dem Bauch.
JAN: Warte ab. Am Abend bist du in der kleinen
Hoteldisco, du hast Wein im Kopf und sie will.
Natürlich nur für eine Nacht. Warum es nicht tun,
wenn dich dieser Körper erregt und du ihn erregst?
Es ist ein Arrangement: Nur die Lust interessiert,
kein Austausch der Personen, kein Morgen. Was wäre
schlimm daran? Die Frage ist doch nur: Ist es
schön, gibt es Lust?
JAN: Warum sollte Liebe ihren Kern nicht in der
Idee haben, sich immer kunstvoller Lust zu
bereiten? Körper können sich von trübseligen
Beschränkungen freimachen, sich immer weiter
erobern.
JAN: Es wäre doch das beste, man setzte mal fünf
Jahre damit aus.
JAN: Wenn du so etwas sagst als Mann, bist du
gleich ein Tier.
JAN: Und die Frauen, mit denen ich so etwas mache,
sind Halluzinationen? Oder du müßtest behaupten,
daß sie das eigentlich nicht wollten.
JAN: Übertreibt ihr nicht? Der emanzipierte Mann
muß heute von sich behaupten, es gehe gar nicht
nur um sein Geschlecht, er habe keine phallisch
zentrierte Sexualität und auf den Orgasmus komme
es nicht an. Daß der Penis, seine Aktionen und der
Orgasmus im Mittelpunkt stehen, gilt als primitiv.
Aber für den Mann ist er nun einmal das zentrale
Organ bei der ganzen Sache, auch wenn es nur um
Berührungen geht. Alles gleitet dahin – küßt mich
eine Frau am Ohr, zucke ich doch unten. Das heißt
nicht, daß ich die Vorspiele entwerten will.
JAN: Aber es sind doch auch die Frauen, die nur
das eine an uns wollen: den Phallus. Was
interessiert sie schon der Rest unseres Körper?
Zuerst gibt es noch ein paar Küßchen hier und da,
ein bißchen Gestreichel, bis sie glauben, jetzt
kann die Hand runter gleiten, ohne daß es zu
prompt wäre.
JAN: Aber es gibt doch vielfältige Möglichkeiten –
nicht nur Worte –, dem anderen mitzuteilen, was
sich wo wie anfühlt. Das gehört doch wesentlich
zum Prozeß der Liebe.
JAN: Und ihr glaubt, einem Mann genüge es,
irgendeinen netten Unterleib vor sich zu haben!
Frauen glauben, daß der Sex nur für sie eine
komplexe Bedeutung hat. Wir dagegen stoßen einfach
etwas aus, und das war's. Wo, ist uns ja egal.
Aber: Ich fließe doch in die Frau, ich selbst. Ich
finde das Verhältnis dazu sehr eng.
JAN: Das wird mir jetzt zu bunt. Meine Phantasien
sind anderer Art. Wenn ich an die Frau im Gedicht
denke, wie die Art ihres Ganges beschrieben wird,
der Blick auf das Gehen und ihre Beine gelenkt
wird, dann möchte man ihr am liebsten direkt
folgen, die Blicke magisch von diesen langen
Beinen und Strümpfen angezogen. In solchen
Situationen weißt du nicht mehr, was du tust. Du
hast das Gefühl, deine Hände und Beine werden ganz
saumig, es ist ein Kribbeln in all deinen
Gliedern, noch nicht einmal das Gefühl, im
Vollbesitz deiner tierischen Kräfte zu sein,
sondern einfach nur dieses Gezogenwerden. Das
Unausweichliche, der Bodenkontakt, der deine Füße
beim Gehen schwerer und schwerer werden läßt
angesichts des lockenden Schritts. Du siehst durch
deine im Wahn getrübten Augen den glatten Rücken,
die langen, dunkel herunterfallenden Haare. Du
wartest darauf, daß sie sich im nächsten
Augenblick zu dir umdreht, um das Erkennungssignal
zu geben und hast gleichzeitig panische Angst
davor. Lieber ihr weiter folgen, nicht, noch nicht
die Entscheidung suchen, bis sie in einem der
vielen Türeingänge der Straße verschwindet.
JAN: Nicht nur Strümpfe, sondern insgesamt Dessous
erregen meine Phantasie. Ob sie nun schwarz und
sportlich sind oder elegante Spitzenbustiers.
JAN: Dieses Geräusch kenne ich auch.
JAN: "Wenn der Mann und die Frau zu einem einzigen
Fleisch vor dem Herrn werden..."
JAN: Das muß ja der Horror gewesen sein. In dieser
Form habe ich noch nie irgendwelche Todeswünsche
gehabt, wohl Gewaltphantasien. Ich meine damit
nicht die Sado-Maso-Phantasien, von denen man
momentan so viel hört und sieht, zum Beispiel
diese Domina-Schuppen, in denen die Männer sich
gegen Barzahlung peitschen oder den Hintern
versohlen lassen. Nein, es sind eher reine
Macho-Phantasien, wenn ich daran denke, sie
einfach mal 'so richtig zu nehmen'.
JAN: Ich bin heute Nacht getackert worden.
JAN: Ist ja klasse: abgeschossener Hase!
JAN: Für mich ist die Eifersucht kein drängendes
Problem. Eine Verabredung zum Kaffee ist für mich
noch kein Grund zur Eifersucht.
JAN: Ich sehe da noch einen anderen Aspekt. In
jeder Beziehung übst du einen gewissen Verzicht
aus, jeder der beiden Partner tut dies, da man
sich gegenseitig ein Reglement aufgestellt hat.
Auf einmal wird dieses von einem der beiden
gebrochen, der sich nun seiner Lust ungehemmt
hingibt. Du erfährst es und sagst dir: Du Affe...
JAN: Ja, du sagst dir: Jetzt hast du seit zehn
Jahren die Fahne hochgehalten, hast dir alles
verkniffen, nur um das zu erleben?
JAN: Ich finde das absurd. Du kannst doch die Zeit
nicht zurückdrehen. Dafür, daß der andere normal
gelebt hat, stellst du ihn an den Pranger.
JAN: Für mich ist es zugleich faszinierend und
erschreckend zu sehen, wie sich manche Menschen
einer solchen Außenorientierung hingeben können.
Ich kenne das überhaupt nicht!
JAN: Doch dann kannst du auch die Position haben:
"Wenn er mich nicht so liebt, wie ich bin, ist er
es nicht wert, von mir geliebt zu werden." Das war
meine Einstellung.
JAN: Ja, du lernst auf diese Weise, für dich zu
sein.
JAN: Die Frage ist doch, was ich mir auf Dauer von
dieser Beziehung verspreche. Will ich ein
harmonisches, friedvolles Leben zu zweit? Oder
will ich die permanente Leidenschaft und
Ausschweifung aufrechterhalten? Mein Ideal ist,
beides miteinander in einer Beziehung zu
verbinden.
JAN: Bei uns heißen die anders: Haarminen,
Zeitungsminen... Wer hat wieder die Haare in der
Dusche gelassen? Warum mußt du beim Frühstück
immer die Zeitung lesen?
JAN: Und nur, weil unsere arme Kreatur einen zu
engen Hals hat.
JAN: Hector wollte auf etwas anderes als auf
Routine hinaus, als er eben von Harmonie sprach.
Er meint, daß man nicht ständig alles hinterfragen
kann. Enweder du kommst zu dem Punkt, an dem du
ein Grundgefühl von Sicherheit und Ruhe in der
Beziehung erreicht hast, das wäre mein Ideal, oder
du bist nur damit beschäftigt, alles immer wieder
zur Disposition zu stellen. Nach dem Motto: Alles
ist offen. Das wäre der Horror!
JAN: Ja, man benutzt den anderen als Vehikel, um
bestimmte Aggressionen zu steigern und dann
aufzulösen. Ich stelle mir vor, ich komme nach
Hause, und sie ist mit dem Staubsauger
unterwegs...
JAN: ...und schon beginnt der Konflikt von neuem:
Wie sauber muß es zu Hause aussehen? Aber die
Frage nach der Sauberkeit im Haus steht nur
stellvertretend für all die kleinen Konflikte, die
kollektiv entladen werden.
JAN: Es muß knistern und knacken, sonst stelle ich
mir die große Saug-Sinn-Frage.
JAN: Du meinst das Knallen der Tür als
Abführmittel?
JAN: Von Ei zu Ei entsteht der perfekte Mythos. Im
gemeinsamen Erinnern beschwören wir die Geschichte
der Beziehung: Auf diese wunderbare Weise sind wir
entstanden, das ist unser Ursprung, die Kette von
Zufällen, die keine sind. Jedes Detail wird
rückblickend interpretiert, alles ist ein Omen,
alles hat eine Bedeutung. In allem war das
Kommende angedeutet und festgelegt.
JAN: Ich fahre trotzdem lieber mit einem Freund in
Urlaub als mit einer Frau. Ich fühle mich freier
mit einem Mann, bin ihm keine Rechenschaft
schuldig. Wenn der eine nachts wegbleibt, gibt es
keine Probleme. Es ist alles selbstverständlicher.
JAN: Ist die Freundschaft zwischen Mann und Frau
nicht problematisch? Viele behaupten, sie sei ganz
und gar unmöglich.
JAN: Der Verzicht, den man in einer Beziehung übt,
verleiht ihr Gewicht.
JAN: Dieses Spielchen kann ich mir überhaupt nicht
vorstellen. Du scheinst die Männer permanent auf
die Probe stellen zu wollen. Sie müssen sich
deinen Regeln unterordnen.
JAN: Vielleicht ist zwischen einem Paar, das ein
Kind hat, nur etwas gegenständlich geworden, was
bei den anderen die gleiche Macht hat. Nur wissen
sie es nicht. Sie glauben, sie hätten alles im
Griff.
JAN: Oft stirbt die Liebe, weil die Menschen es
nicht schaffen, Distanz zu gewinnen und einen Raum
für sich zu haben. Der Weg, den du gegangen bist,
verlangt einen großen Kraftaufwand.
JAN: Diese Absicherungen verstehe ich nicht.
Entweder gehe ich das Risiko ein, daß ich
verliere, oder ich lasse es bleiben und ziehe mir
einen Keuschheitsgürtel an.
JAN: Das sind wohl auch diejenigen, die am ehesten
überhaupt Tagebücher führen.
JAN: Solche Konzepte sind mir viel zu abstrakt.
Die Wahrheit ist doch die: Sex schlafft mit der
Zeit ab. Das ist wie ein Naturgesetz.
Selbstverständlich kann ich es gut verstehen, wenn
man sich Gedanken darüber macht, wie man die
Anfangsphase ausdehnen kann, sei es mit Strapsen
oder ohne. Entscheidend bleibt doch, ob du in der
Lage bist, die Enttäuschungen beim Sex umzulenken,
indem du ihm nicht mehr den zentralen Stellenwert
einräumst, den er zu Beginn zweifelsohne hat.
JAN: Für mich gilt das nicht, aber bei vielen
Menschen werden andere Dinge wichtig: die
gemeinsame Absicherung der materiellen
Lebensbedingungen, die Erziehung der Kinder, die
gemeinsamen Interessen.
JAN: War das von ihr die Vorwegnahme einer
möglichen Trennung, eine eingebaute Sicherung?
JAN: Genau, sie liegen einem wie ein Geschwür im
Magen. Lucia hat es mir bis heute nicht verziehen,
das ich nicht von Anfang an sagen konnte: "Du bist
die Frau meines Lebens."
JAN: Aber eines Tages muß der erlösende Krach
kommen, der das Ende der Beziehung bedeutet. Ich
kann mir nicht vorstellen, daß nach solchen
Kriegen eine Versöhnung möglich ist.
JAN: Oft genug ist Trennung nicht Bilanzierung,
deren Wert wir unter dem Strich erkennen, sondern
sie ist so blind und wahnhaft wie das Verliebtsein
selbst.
JAN: Exakt. Das ist die Situation. Mittlerweile
ausgereizt, fast zum Abgewöhnen.
JAN: Wir haben das Spiel öfter gespielt, Trennung,
Versöhnung, Trennung, Versöhnung, kurze oder
längere Ruhepausen dazwischen – und die Drohung,
die Lucia bekundet hat, ist nie verwirklicht
worden.
JAN: Weil ich das Spiel kenne. Dein Gebaren ist
unglaubwürdig.
JAN: Na klar, aber deswegen ziehe ich nicht gleich
aus.
JAN: Ja und nein. Manche Dinge sollte man nicht
überstürzen. Schon gar nicht nachts. Wir streiten
uns fast immer nachts, und danach braucht mein
Körper erst mal Ruhe. Mein Fluchtort ist mein
Bett, nicht die Straße.
JAN: Das sagte ich ja schon: Wir kennen diese
Spielchen. Du gehst aufgebracht, ich bleibe. Ist
das Trennung?
JAN: Du kannst schlecht allein sein.
JAN: Ein bißchen weitergestritten schon, wir
konnten nicht einfach das Programm wechseln. Aber
im ruhigeren Gespräch wurden Probleme dann
formuliert und damit plötzlich zu einem dritten
Gegenstand, der mit uns nicht mehr viel zu tun
hatte. Die Sache war passé. Aus dem Anlaß des
Streites und dem Grund der Trennung war ein
abstrakter Begriff geworden. Das, was wir daran
verstanden haben, war zum Teil unseres neuen
Selbstverständnisses geworden, unbegrifflich,
hinübergeflossen in die Sprache der Augen, es war
da, ohne noch einmal diskutiert werden zu müssen.
JAN: Ich habe eine schöne Kiste, da werfe ich
alles rein, und alle zwei Jahre greife ich rein
und ziehe etwas heraus.
JAN: Das ist sehr spannend. Meine Vergangenheit
mit den Geliebten kommt mir dann ganz
fremd-vertraut entgegen. Es ist, als läse ich in
der Autobiographie eines Dritten. Das Geschehene
ist wieder präsent und eingewoben in mein Leben,
aber es ist nicht mehr erklärungsbedürftig,
fragwürdig. Das Geschehene ist da als es selbst,
und ich empfinde ihm gegenüber eine zärtliche
Gleichgültigkeit. Da wird das Leben zur
Lebensgeschichte.
JAN: Ich habe nur einmal gepackt. Da mußte ich
gehen und überlegen, was ich mitnehme. Sie hat
mich rausgeschmissen. Das war für mich ein absolut
traumatisches Erlebnis, ich war nicht einmal
wütend oder eifersüchtig, ich habe es einfach
nicht verstanden. Und eigentlich ist auch im
Rückblick alles daran unverstanden geblieben. Ich
habe mein Zeug gepackt und bin gegangen.
JAN: Ja. Was nicht heißt, daß man deshalb per se
der Verlassende ist. Mein Einpacken hat wenig zu
tun mit dem Koffer. Ich packe mich selbst ein in
der Trennung.
JAN: Die andere liebt plötzlich ihren Beruf, sie
geht auf in einem Bewußtsein, das nur ihr gehört
und das sie selbst bestimmt. Sie ist einfach nicht
mehr da, und ihre sparsame Nähe zu mir ist nur
eine, die sie ihrem eigentlichen Interesse
abgespart hat.
JAN: Was passiert? Na, es tritt eben das Gefühl
ein: Das war's. Du spürst es, fertig. Da gibt es
keine weiteren Fragen und schon gar keine
Begründungen. Ich war einmal mit einer Frau in
Paris, und während wir da glücklich waren,
breitete sich in mir eine behaglich-ruhige
Sicherheit aus, daß wir am nächsten Tag nach Hause
fahren und es danach keine Zukunft mehr für uns
geben würde. Ein solches Gefühl habe ich in der
Beziehung zu meiner jetzigen Frau nie gehabt. Die
Spannung ging nie verloren.
JAN: Der Körper gibt mir das Signal für die
bereits vollzogene Entfremdung. Ich habe mich
eigentlich nie abrupt von einer Frau getrennt, ich
wußte, daß die Sache nicht mehr stimmt, aber es
plätscherte so weiter, weil es bequem war. Ich
ging mit ihr noch immer ins Bett, weil es keinen
Anlaß gab, mich zu trennen. Irgendwann sah ich an
einer Theke eine Frau mit einer großen
Ausstrahlung und wußte dann plötzlich, daß meine
Freundin für mich eigentlich nicht mehr
existierte. Die andere Frau hat mich durch ihr
Geheimnis an sich gebunden, ohne daß ich meine
Freundin je mit ihr betrogen hätte. Mit der einen
war ich zusammen, und an die andere dachte ich.
JAN: Nein, ich habe nicht verglichen. Das läuft
ganz unbewußt. Die Sache läuft so dahin, diffus
und ohne große Stürme. Langsamer Abschied. Auf
einmal ergibt sich ein Bild von dem, was ich bei
ihr nie gefunden habe, und in dem Moment ist
völlig klar: Es hat einfach keinen Sinn mehr.
JAN: Zu der Zeit damals habe ich mich nicht
entschieden, ich habe Erfahrungen gemacht. Bis
Lucia kam.
JAN: Nichts eigentlich. Über das gewisse Etwas,
was uns aneinander kettet, können wir nicht
sprechen, dafür gibt es kein Wort. Da es
uneindeutig bleibt, ist es auch unzerstörbar.
Irgendwo hört die Sprache auf, und die Liebe
beginnt.
JAN: Oft vollzieht man den endgültigen Bruch
wirklich erst dann, wenn eine Dritte oder ein
Dritter auftaucht. Die Liebe zu meiner ersten
Freundin war längst vergangen, aber wir haben uns
dennoch gesehen. Erst als sie eines Tages sagte:
"Du, es gibt einen anderen Mann in meinem Leben",
war wirklich Schluß. Es war eine Beziehung in der
Schwebe, und trotzdem war das faktische Ende
unseres Verhältnisses für mich ein Schlag. Ich
habe mehr gelitten, als ich es mir vorher
vorgestellt hatte.
JAN: Ich mache keinen Unterschied zwischen Liebe
und Sexualität.
JAN: Klasse! Bald weiß ich nicht mehr, ob ich
überhaupt wünschen kann, daß sich irgendwann noch
einmal eine Frau in mich verliebt. Im Grunde meint
sie dann ja nicht mich, sondern nur sich selbst.
JAN: Unser Leben lang sind wir hin und hergerissen
zwischen unserer Sehnsucht nach fusioneller Liebe
und unserer Angst davor.
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