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10. Verliebtheit

Autoren
Aaron
Arthur
Charlotte
Gabriel
Hector
Jan
Judith
Lucia
Rebecca
Salome



Kapitel 5

Eifersucht

In deinem Garten ist eine Rose explodiert

HECTOR: Eifersucht? Petrus der Eiferer kommt mir in den Sinn...

GABRIEL: ...ein übermäßiges Handeln, sich überschlagen, auch ein Übergreifen in die Bereiche des anderen scheint mir damit verbunden zu sein...

CHARLOTTE: Ja, übereifrig sein, immer ein wenig Gefühlsüberschuß haben, immer ein wenig verrückt sein...

AARON: Und ein Suchen...

LUCIA: ... mit einem Begehren, das auf sich selbst und auf den anderen gerichtet ist und so eine große Spannung erzeugt, die mit einem inneren Drang nach radikalen Entscheidungen verbunden ist. Die Eifersucht stellt sich mir als ein unaufhaltsames Aufwallen von Gefühlen dar.

HECTOR: Gegen die Eifersucht bleibt sogar die Ironie machtlos, die ganze schöne Rationalität scheitert.

JUDITH: Die Allmachtsphantasien brechen zusammen und eine extreme Abhängigkeit taucht auf.

REBECCA: Im Innern sitzt eine, die aufbegehrt, und die ich nicht mehr im Griff habe. Und dann die Scham. Die Bitte um Vergebung für die Ausgeburten dieser irrationalen Künstlerin.

SALOME: Die Eifersucht erfindet Geschichten. Sie macht die Mücke zum Elefanten. Ihre Einbildungskraft liegt unentwegt auf der Lauer nach diesen Mücken, die für die meisten anderen noch nicht einmal zu sehen sind.

ARTHUR: Sie ist zerstörerisch, sie treibt die Beziehungen an ihr Ende. Sie zwingt schließlich den Partner, gegen den sich die Eifersucht wendet, in Verstrickungen hinein, aus denen er sich nicht mehr herauswinden kann. Er fängt an zu lügen, um den kleinsten der Gründe für ein Aufbrausen des anderen aus der Welt zu wischen.

SALOME: Viele Menschen können sich keine Liebe vorstellen ohne Eifersucht. Keine Eifersucht zu empfinden, das heißt, nach ihrer Auffassung, nicht zu lieben. Deswegen suchen sie sich Partner aus, die sie eifersüchtig machen.

ARTHUR: Das ist doch pure Ideologie, Eifersucht ist nicht ein zwangsläufiger Bestandteil der Liebe und schon gar kein Liebesbeweis.

HECTOR: Aber könnte es nicht sein, daß sich in der Eifersucht die Liebe ex negativo zeigt? Ich meine, immer wird Eifersucht als negative Eigenschaft dargestellt, das muß nicht unbedingt so sein, sie kann auch eine positive Seite haben.

ARTHUR: Das mußt du schon erklären.

HECTOR: Es könnte sein, daß die Eifersucht ein Ruf nach Liebe ist – und manchmal ein Schrei. Die Eifersucht bleibt insofern trotz allem negativ, als sie in solchen Fällen einen Mangel ausdrückt: den Mangel, direkte Worte für die Liebe zu finden oder in positiver Weise das Band zu der anderen Person zu stärken. Um noch einmal auf Salome zurückzukommen: Ich glaube nicht, daß es für mich bei der Partnerwahl eine Rolle gespielt hat, ob diese Frau mich eifersüchtig machen würde oder nicht. Aber eine Beziehung ohne Eifersucht bleibt für mich undenkbar. Ich bin rasend eifersüchtig.

JUDITH: Ich bin auch eifersüchtig.

GABRIEL: Das ist eines der ganz zentralen Themen im Leben der meisten Paare.

ARTHUR: Ich weiß nicht. Ich bin da überhaupt nicht repräsentativ, weil ich das Gefühl der Eifersucht nicht kenne. Ich habe das früher einmal gekannt, in meiner allerersten Beziehung, und dann nie wieder. Vielleicht habe ich es einfach ausradiert, weil es zu verletzend war.

CHARLOTTE: Ich kann mir nicht vorstellen, daß du im Ernstfall nicht eifersüchtig bist.

ARTHUR: Nun ja, in lustvollen, netten Inszenierungen kommt die Eifersucht schon vor.

CHARLOTTE: Aber die Inszenierungen, die sind eben nur inszeniert, sie haben nichts mit Eifersucht zu tun.

ARTHUR: Vielleicht lasse ich in der Inszenierung zu, was ich sonst nicht zulasse. Es gibt natürlich Grenzen, zum Beispiel, wenn ich meine Freundin mit einem anderen im Bett erwische. Die Reaktion, die ich mir daraufhin vorstellen könnte, hat im eigentlichen Sinne nichts mit Eifersucht zu tun. In dem Moment wäre mein Liebesobjekt tot. Ende.

AARON: Ich glaube, du verdrängst das Gefühl der Eifersucht.

ARTHUR: Nein. Es würde mich nicht verletzen. Mein Liebesobjekt wäre einfach tot. Es würde daliegen wie ein abgeschossener Hase. Wäre hinüber.

JAN: Ist ja klasse: abgeschossener Hase!

REBECCA: Das ist eine ganz schöne Drohung.

LUCIA: Das eigene Bewußtsein, Eifersucht zu empfinden oder nicht, scheint mir oft verzerrt. Es könnte sein, daß viele, die behaupten, nicht eifersüchtig zu sein, es letztlich doch sind.

JAN: Für mich ist die Eifersucht kein drängendes Problem. Eine Verabredung zum Kaffee ist für mich noch kein Grund zur Eifersucht.

SALOME: Ich brauche auch sehr gewichtige Gründe, um Eifersucht zu empfinden.

JAN: Ich sehe da noch einen anderen Aspekt. In jeder Beziehung übst du einen gewissen Verzicht aus, jeder der beiden Partner tut dies, da man sich gegenseitig ein Reglement aufgestellt hat. Auf einmal wird dieses von einem der beiden gebrochen, der sich nun seiner Lust ungehemmt hingibt. Du erfährst es und sagst dir: Du Affe...

LUCIA: Du Affe verkneifst es dir!

JAN: Ja, du sagst dir: Jetzt hast du seit zehn Jahren die Fahne hochgehalten, hast dir alles verkniffen, nur um das zu erleben?

LUCIA: Worauf ist man denn eifersüchtig, wenn man den Mann mit einer anderen Frau im Bett findet? Man ist nicht eifersüchtig darauf, daß die Frau möglicherweise mit dem eigenen Mann ein dauerhaftes Verhältnis haben möchte. Ich glaube nicht, daß man sich das in dem Moment überlegt. Ich bin vielmehr eifersüchtig auf die Lust, die da genossen wird und an der ich nicht teilhabe.

HECTOR: Diese geradezu klassische Vorstellung ist permanent lebendig in mir: Mann kommt nach Hause, Frau liegt mit einem anderen Kerl im Bett.

REBECCA: Wenn bei mir ein Mann im Bett liegt, heißt das ja noch lange nicht, daß ich was mit dem zu tun habe.

CHARLOTTE: Ich finde diese Vorstellung sehr reizvoll, da könnte man sich austoben, da könnte die Inszenierung richtig anfangen.

REBECCA: Herrlich, Pantoffeln könnten fliegen, Haare könnten ausgerissen werden – oder was meinst du?

CHARLOTTE: Vielleicht würde es dann einfach richtig lebendig werden.

JUDITH: Das fiele wohl unter den Begriff 'jemandem eine Szene machen'. Seltsam, daß wir während unseres Gesprächs über die Eifersucht so häufig auf Begriffe kommen, die etwas mit Verstellung zu tun haben.

AARON: Verstellung und Heimlichkeit. Die Eifersucht schafft ein doppelbödiges Leben. Beide Seiten werden mit aller Kraft aufrechterhalten: die der scheinbaren Normalität und Gelassenheit und dann die Seite des argwöhnischen Suchens, Stöberns, Ausfindig-Machens. Sorgsam muß darauf geachtet werden, daß die eine sich nicht mit der anderen vermischt, nur allzu gut weiß der Eifersüchtige, daß er seine Sucht nur im Verborgenen austoben darf, daß er anderenfalls alles verliert. Doch nicht immer kann ihm die Verstellung gelingen. Er wird zusammenbrechen, die ganze Beschämung des Ertappt-Werdens erleben müssen. Er will dann auf einmal sogar erwischt werden.

SALOME: In dem Wort Eifersucht ist das Wort Sucht enthalten, die Sucht, sich zu ereifern. Pathologisch wird die Eifersucht erst, wenn sie einen zwanghaften Charakter annimmt. Für mich ist ein eifersüchtiger Mensch jemand, der keinen Grund hat. Aber was berechtigt zur Eifersucht und was nicht?

ARTHUR: Der körperliche Kontakt könnte vielleicht so eine Grenze sein. Wenn sie einen anderen Mann küßt, ist diese Grenze überschritten.

GABRIEL: Es ist schwierig, diese Grenzen zu bestimmen. Warum tobt der Supergau gerade im sexuellen Bereich, warum ist das so fürchterlich?

LUCIA: Mir scheint, daß es unterschiedliche Gründe für die Eifersucht gibt, innere und äußere. Einer ist gewiß die Eifersucht auf die Geschichte des anderen. Warum ist man eifersüchtig auf eine Verflossene, die man nicht einmal gekannt hat, und auf andere nicht? Die, auf die man nicht eifersüchtig ist, die laufen als: "Das war einmal, die war soundso, und dann war's vorbei." Eifersüchtig ist man auf Frauen, die nie ganz verabschiedet wurden, wo immer etwas Unbegriffenes in der Beziehung stehengeblieben ist.

GABRIEL: Wäre es nicht schön, es hätte vor dir keine Götter gegeben?

HECTOR: Eifersucht auf die Verflossenen? Das ist für mich ein unsinniges Thema. Das spielt doch keine Rolle.

LUCIA: Bei manchen schon. Vor allem bei Menschen, die zum erstenmal lieben und die mit jemandem zusammen sind, der es schon zum zwanzigsten Mal erlebt.

SALOME: Das hängt davon ab, welche Rolle der frühere Partner gespielt hat.

CHARLOTTE: Wenn du jung bist und dein erster Geliebter älter als du, wenn er schon eine längere Geschichte hinter sich hat, dann hast du Angst, uninteressant zu sein, weil du keine Erfahrungen, keine Geschichte vorweisen kannst. Und vielleicht ist es diese Angst, aus der heraus sich deine Eifersucht entzündet gegenüber jenen Frauen, die in dieser Hinsicht mehr als du vorzuweisen haben. Die Zeit wird diesen angeblichen 'Mangel' schon beheben, aber das spielt in dem Moment keine Rolle.

HECTOR: Diese Angst, uninteressant zu sein, ist vielleicht auch gar nicht so falsch. Ich könnte mir heute schwer vorstellen, mit einer Frau zusammen zu sein, die keine Beziehung vor mir hatte. Insofern kann ich nicht eifersüchtig auf die Vergangenheit sein. Ich finde es sogar spannend herauszukriegen, welche Erfahrungen sie mit anderen Männern gemacht hat. Hinter der Eifersucht auf die Vergangenheit des anderen steckt natürlich der Mythos von der ursprünglichen, von der ersten Liebe. Das geht nicht auf.

ARTHUR: Wenn ich mir vorstelle, daß meine Freundin früher schon mit einem anderen im Bett gelegen hat, werde ich zur Bestie. Ich will der einzige sein, auch wenn ich weiß, daß es nicht so ist.

LUCIA: Die Urzeichen setzt man nun einmal. Wenn man sie nicht in Symbolen setzt, sondern am Anfang in der Person festlegt, will man die einzige für den einzigen sein, dann darf es keine Welt geben in dem Moment und auch keine Vergangenheit.

REBECCA: Irgendwann denkst du, daß es an der Zeit ist, klüger zu werden.

LUCIA: Ich bin das mittlerweile auch.

REBECCA: Du denkst dir einfach: "So wie mich kann er niemanden geliebt haben."

JAN: Ich finde das absurd. Du kannst doch die Zeit nicht zurückdrehen. Dafür, daß der andere normal gelebt hat, stellst du ihn an den Pranger.

LUCIA: Ich will die retrospektive Eifersucht nicht verteidigen, nur verständlich machen. Es ging hier soeben um das Urzeichen und den Umgang damit. Wenn du ganz jung bist, hast du solche Ursprungsvorstellungen. Ich hatte sie jedenfalls.

GABRIEL: Das ist die Like-a-virgin-Urphantasie. Das gilt vermutlich nicht für Leute, die 30 oder 40 sind. Wenn man selbst zehn Beziehungen hatte, darf man nicht von der Jungfrau träumen.

JUDITH: Die Tatsache, daß der andere eine Vergangenheit hat, macht ihn für mich auch interessant. Aber wenn ich mir bestimmte Situationen konkret vorstelle, habe ich doch meine Probleme damit. Du gehst zum Beispiel durch den Wald spazieren, und auf einmal mußt du von ihm hören: Hier bin ich schon einmal mit dieser oder jener entlanggelaufen, und an diesem See war die Szene mit jener Frau. Schlagartig verändert sich die Situation, du fühlst dich dann wie in einem schlechten Film, der Spaziergang ist wie ein Abklatsch des früheren, der tiefer verwurzelt zu sein scheint und an den du nicht herankommst. Dann werde ich eifersüchtig.

LUCIA: Genau! Ich fand es immer unmöglich, daß wir nicht die Orte gemieden haben, wo er schon mit den anderen Frauen gewesen war. Man fuhr schon zum dritten Mal in jenen Skiort, wir lagen gerade im Bett, und auf einmal sagte er: "Ach ja, richtig, hier war das ja mit der Betty!"

JUDITH: Es gibt auch die Eifersucht auf die Zukunft. Eine Bekannte war selbst nach dem Ende einer Beziehung rasend eifersüchtig auf alle, die nach ihr kamen. Alles, was sie mit ihrem Freund erlebt hatte, sollte ihr gehören.

AARON: Wir haben immer noch nicht geklärt, warum wir überhaupt eifersüchtig sind.

SALOME: Das bekommst du nie heraus. Ist Eifersucht überhaupt etwas Natürliches?

JUDITH: Das ist der natürliche Egoismus. Man kann es eben nicht leiden, wenn der eigene Stolz verletzt wird. Es ist unerträglich zu sehen, daß der Geliebte sich nicht um einen selbst kümmert, daß er sich anderen zuwendet, daß ihm andere wichtiger oder genauso wichtig sind wie man selbst. Das kann sich auch auf Freunde beziehen.

REBECCA: Das Verflixte an der Eifersucht – wie auch an der Liebe – ist doch, daß unsere Gefühle vom Verhalten des Partners abhängig sind. Wenn der andere mir keinen Platz in seinem Sprechen einräumt und jeder Satz eine Distanzierung oder eine völlige Abwesenheit meiner selbst enthält, verletzt mich das. Ebenso schmerzhaft ist es, wenn es das Wort 'wir' in einer Beziehung nicht gibt. Dann fehlt das 'Basisgefühl' des Geliebtwerdens. Meist leidet nur einer darunter. Manche Menschen brauchen diese Spannung und diese Eifersucht, um zusammenzubleiben. Das kann sehr quälend sein.

GABRIEL: In diesem Fall hat die Partnerschaft einen bestimmten Punkt noch nicht erreicht, an dem man sie wirklich als solche bezeichnen könnte. Irgendwann muß so etwas wie ein 'Basisvertrauen' erreicht werden, sonst bricht alles auseinander.

HECTOR: Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist zu klären, warum man eifersüchtig ist. Man muß das als Faktum akzeptieren, weil es in jedem Menschen drin ist. Niemand kann mir erzählen, daß er nicht eifersüchtig ist. Vielleicht gilt es, die Eifersucht umzuwerten und sie in Großzügigkeit zu verwandeln. Dann wird es möglich, damit umzugehen.

SALOME: Ich verstehe, was du meinst. Für mich gibt es nur eine Art, mit der Eifersucht umzugehen: die Souveränität. Darin liegt für mich die einzige Hilfe. Ich will das beste daraus machen, ich will verhindern, daß sie mich vernichtet.

AARON: Aber wenn die Wurzeln der Eifersucht tiefer liegen? Sicherlich spiegeln sich in der Eifersucht, in der Empfindlichkeit für bestimmte Situationen und darin enthaltenen Kränkungen die Muster eigener Kindheitserfahrungen wider. So ist das Gefühl der Eifersucht meistens mit einem der beiden Elternteile verbunden. Man identifiziert sich mit der Eifersucht des Vaters oder der Mutter, und dieses alte Gefühl kommt in vergleichbaren Situationen immer wieder auf. Du fühlst dich an die Demütigung erinnert, die deine Mutter stets empfand, wenn dein Vater sich anderen Frauen zuwandte. Wir wissen, wie schwer es ist, souverän mit solchen tief verwurzelten Gefühlen umzugehen. Salome hat bereits gesagt, daß manche Menschen sich immer den Partner suchen, der ihnen Anlaß zur Eifersucht gibt. Warum?

SALOME: Das erinnert mich an eine Frau, die immer wieder solche Konstellationen wählte. Entscheidend war für sie, daß sie sich in das Verlassenheitsgefühl der anderen Frau, mit der der Mann eine Beziehung hatte, hineinversetzte. Sie erzählte einmal, daß sie dieses Gefühl von Verlassenwerden und Eifersucht in der Liebe als eine Art Keimzelle für einen immer wieder möglichen Neuanfang brauchte. Ohne diesen könne in ihr keine Liebe entstehen. Die Idee dahinter gefällt mir, schade nur, daß sie von dieser Konstellation abhängig blieb, daß es ihr nicht gelang, neue Anfänge zu säen.

REBECCA: Das Seltsame ist, daß meine Eifersucht auf eine andere Frau zugleich eine Beziehung zwischen mir und ihr herstellt. Ich kenne eine Eifersucht, die sich nicht gegen die andere Frau richtet, sondern sich ihr zuneigt. Vielleicht muß man sehr jung und unerfahren und eine Frau sein, um sich auf solche merkwürdigen Konstellationen einzulassen, aber ich kenne diese Hinwendung, die aus der anderen Frau eine seelische und geistige 'Ziehmutter' macht. Sie, die 'etwas' zu haben scheint, was ich nicht habe, schwebt mir ständig vor, wird zu einem Symbol für meine eigene Entwicklung, zum Antrieb für Wandlungen. Sie gilt es zu erreichen.

GABRIEL: Was heißt zu erreichen?

SALOME: In der Phantasie wird die andere Frau als vollkommen imaginiert und mit allen Attributen der Weiblichkeit ausgestattet. Deshalb will ich an der Macht dieser anderen Frau teilhaben. Das ist eine Suche nach dem eigenen Selbst im Ähnlichen.

REBECCA: Auf dem Umweg über die Zuneigung des von mir geliebten Menschen wurde die andere Frau zum Anreiz, meine Entwicklung voranzutreiben. Mit unglaublicher Energie habe ich daran gearbeitet, innerlich, ohne darüber zu sprechen. Diese andere Frau wurde mein Orientierungspunkt.

HECTOR: Hast du dich parasitär an ihr festgesaugt?

REBECCA: Das ist zu blutsaugerisch, passender wäre der Begriff Mimesis. Ein Zufall zeigt das, was ich ausdrücken möchte: Ich war die dritte Freundin mit dem gleichen Namen, die dritte Rebecca. Meine beiden Vorgängerinnen hatten sich lange Zeit in Indien aufgehalten, wie es damals Mode war. Also begann ich, mich mit der indischen Philosophie auseinanderzusetzen. Die Frauen waren für mich der Anreiz dafür, nicht die Philosophie selbst. Ich suchte nach der Souveränität, von der ich meinte, sie hätten sie über eben jenen Weg erlangt.

GABRIEL: Sie waren vielleicht einfach sechs oder sieben Jahre älter.

JAN: Für mich ist es zugleich faszinierend und erschreckend zu sehen, wie sich manche Menschen einer solchen Außenorientierung hingeben können. Ich kenne das überhaupt nicht!

REBECCA: Außenorientierung? Im Grunde handelst du doch nach deiner Liebe, nach deinen innersten Gefühlen. Das ist keine Außenorientierung. Du gehst nach deiner Liebe zu einem Menschen, von dem du siehst, daß er dieses liebt, und du versuchst dieses, was er liebt, in dir zu erschaffen.

JAN: Doch dann kannst du auch die Position haben: "Wenn er mich nicht so liebt, wie ich bin, ist er es nicht wert, von mir geliebt zu werden." Das war meine Einstellung.

LUCIA: Das ist eben die autonomere Beziehung.

REBECCA: Die Eifersucht ist hier der Stachel, der dich in eine immer intensiver werdende Beziehung zu einer dir unbekannten Frau treibt, und je stärker diese Beziehung wird, je länger sie anhält, um so mehr schmilzt der Stachel und zurück bleibt eine stark empfundene Nähe. Vielleicht gibt es von dort aus einen Weg, diese Nähe einmal ohne den Umweg über den Geliebten und die durch ihn vermittelten Bilder aufzubauen.

SALOME: Diese Anverwandlung ist mir bekannt. Ich kenne sie als Unfähigkeit, eine Frau abzulehnen, die meinen Geliebten liebt. Weil sie ihn liebt, haben wir etwas Gemeinsames. Wir sind Schwestern. Ich habe früher wegen zwei Frauen gelitten, aber ich habe sie auch geliebt. Das ist meine Art, die Eifersucht zu verdecken, die bösen Geister zu beschwören.

GABRIEL: Ist sie nicht süß?

SALOME: Es gibt dann etwas, was uns verbindet: die Liebe zu ihm.

GABRIEL: Eben, was gibt es besseres und schöneres...

ARTHUR: ...als die Liebe zum Herrn.

SALOME: Simone de Beauvoir ist noch weiter gegangen. Als Sartre sich in Olga verliebte, wurde die Beauvoir zu seiner schlimmsten Rivalin. Ein paar Jahre später machte Sartre Simones Schwester Wanda zu seiner Geliebten. Zufall?

REBECCA: Es wird tatsächlich eine Beziehung zu der anderen Frau aufgebaut, ohne daß sie es weiß.

HECTOR: Das kann gefährlich werden.

REBECCA: In einer sehr depressiven Phase habe ich einmal eine von den beiden Rebeccas angerufen.

JUDITH: Was hast du gesagt?

REBECCA: Ich habe gesagt: "Ich heiße so wie du."

ARTHUR: Das ist aber Mimikry. Vollendet.

REBECCA: Zu dieser Zeit war ich schon ein wenig verrückt. Sie hat mich gefragt: "Wer bist du?"

ARTHUR: Du hättest auch sagen können: "Ich bin du, Entschuldigung!"

REBECCA: Dann habe ich mitten in der Nacht ein Gespräch mit ihr geführt. Ich hatte mich so sehr in eine Vorstellung von ihr hineingesteigert, daß ich ihre Stimme hören mußte.

ARTHUR: Was hat dein Freund dazu gesagt?

REBECCA: Der weiß das bis heute nicht.

JUDITH: Ich habe das Gegenteil erlebt. Ich wurde immer wieder von einer unbekannten Frau angerufen. Sie sprach von ihrem abgrundtiefen Haß auf mich. Es war Terror.

REBECCA: Haß habe ich nicht empfunden, es wurde sogar allmählich eine Liebe.

ARTHUR: Das ist eine extreme Identifikation. Genau so funktioniert das.

SALOME: Es ist keine Identifikation, sondern der Versuch, vom Zustand einer Frau, die noch nicht ist, zu dem Zustand einer anderen Frau überzugehen, die für vollkommen gehalten wird. Der Einsatz in diesem Konflikt ist nicht ungefährlich, das Gefühl der Leere, das Gefühl, keinen Körper zu haben, behält meist die Überhand. Eine Möglichkeit, die Eifersucht zu sublimieren, liegt gewiß darin, von der anderen Frau Besitz zu ergreifen.

ARTHUR: Ich finde den Gedanken unerträglich, daß meine Freundin bei meinen Verflossenen anruft. Das wäre ungeheuerlich. Das ist meine Geschichte.

HECTOR: Eine solche Anverwandlung ist doch nur möglich, wenn es gewisse Ähnlichkeiten zwischen den Verflossenen gibt.

ARTHUR: Da unterschätzt du die Energien, die frei gesetzt werden können. Interessant ist, daß du nicht aggressiv auf ihn reagiert hast, sondern dich mit den Frauen indentifiziert hast. Wenn die Frauen dich liebten, konntest du dich selbst lieben.

GABRIEL: Manchmal wird man verlassen, weil man krankhaft eifersüchtig ist.

CHARLOTTE: Ich glaube, dann hätte ich keine Kraft mehr, eifersüchtig zu sein, dann wäre ich einfach nur verzweifelt.

SALOME: Auch eifersüchtige Menschen sind verzweifelt.

CHARLOTTE: Ja, aber es bedarf dazu eines enormen Kraftaufwands.

REBECCA: Vielleicht liegt darin eine Faszination der Eifersucht. Gefühle und geistige Anstrengungen, die so energisch und konzentriert sind wie die, die aus der Eifersucht entspringen, sind sehr selten. Nur die Liebe hat für mich diese transformierenden Kräfte. Die Liebe zu einem anderen Menschen oder – vermittelt über die Eifersucht – zu einer dritten, war für mich ein wirklicher Impuls für Wandlungen. Ohne dieses Spannungsverhältnis zwischen mir und einem anderen Menschen kann ich mich nicht aus mir heraus verändern oder meine Sehnsüchte nach 'Metamorphosen' verwirklichen – auch im positiven Sinne. Es scheint allerdings, als ob das Älterwerden mit einem Nachlassen dieser kraftvollen Raserei verbunden ist.

GABRIEL: Das kann ein Lebensinhalt werden, vielleicht auch im positiven Sinne. Zu jeder Tageszeit schweifst du mit den Gedanken zu der Geliebten, du willst zu ihr, kannst dich ohne sie an nichts freuen.

JUDITH: Eigentlich ist die Eifersucht etwas sehr Lebendiges. Du kämpfst ständig um jemanden.

SALOME: Eine Lebendigkeit vielleicht, die auf der Kippe steht und in Formen des Wahnsinns abzugleiten droht. Dann treibt das subjektive Empfinden tiefer Unmittelbarkeit und Echtheit die Gefühle in eine wahnhafte Raserei hinein.

HECTOR: Endlich spricht mal jemand von der Raserei, die körperlich erlebt wird. Ein Zittern am ganzen Körper begleitet die starke Eifersucht, es ist wie das Zittern desjenigen, der am Rande eines tiefen Canyons steht, hinunterschaut und schon am ganzen Leib den Fall empfindet. Ein unaufhaltbarer Sturz scheint den Körper zu bedrohen; der eine fällt angesichts dieser Bedrohung in sich zusammen, als würde er von einem schwarzen Loch aufgesaugt, der andere wird tobsüchtig,

REBECCA: Wie alle Formen des Wahnsinns ist die Eifersucht in der Lage, eine eigene Welt, eine eigene Logik aufzubauen. Ich empfinde diese Logik nicht als eine, die sich über alles stülpt, vielmehr scheint sie alle Ereignisse wie ein Magnet in sich hineinzuziehen, sie saugt sie regelrecht auf, um sie in ihre eigene innere Motivkette einzubauen. Das 'Urmotiv' allen Handelns ist der Wille zum Betrug, der dem Partner zugeschrieben wird. Einmal von dieser Logik einverleibt, wird jeder Schritt zum Beweis des einen Motivs. Daraus gibt es fast kein Entkommen, auch weil dieser Unterstellung eine ungeheure Suggestivkraft innewohnt. Auf einmal glaubst du es selbst. Du knüpfst in deinen eigenen Gedanken an das Denken deines Partners an.

ARTHUR: Anders noch: Du führst den Betrug endlich durch. Dieser Wahn, der zunächst auf nichts beruht, verhilft dem Betrug zur Realität. Du betrügst deinen rasend eifersüchtigen Partner, um dem Wahn einen Boden zu geben. Endlich hat die Raserei einen Grund! Das kann sogar einen Effekt von Erleichterung haben, vielleicht sogar für beide. Jeder Wahn hat die Eigenschaft, sich in ungreifbare Gegenden zu versteigen. Mit diesem realen Betrug wird er zum Teil wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurückgebracht.

HECTOR: Du siehst also in dem tatsächlichen 'Fremdgehen' eine Art Therapie für den permanent eifersüchtigen Partner?

GABRIEL: Das heißt doch, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben!

ARTHUR: Ja, ich glaube an die Wirksamkeit dieses Verfahrens.

REBECCA: Man könnte die von dir beschriebene Reaktion auch anders interpretieren, nämlich als geschickte Rechtfertigung für den Hang zum Fremdgehen, den deine Partnerin schon lange erkannt hatte. Statt dies zuzugeben, machst du sie nun zur Verursacherin, zur Schuldigen an deinem Verhalten.

JUDITH: Hier wird deutlich, wie rasch Beziehungen zu Teufelskreisen werden. Es ist ein Schachspiel, ein Zug versucht ausgeklügelter zu sein als der andere.

AARON: Das hat auch etwas mit der Unkenntnis unserer eigenen Motive zu tun und mit einer ausgetüftelten Rationalität, die unser Handeln in ihre Anschauungen bringen möchte und dabei von den wahren Motiven nichts wissen will oder sogar sie nicht mehr zu verstehen, zu sehen vermag. Wir 'betrügen' nicht nur den anderen, sondern oftmals auch uns selbst.

SALOME: Eifersucht beruht immer auf unausgedrückten, projizierten Wünschen. Mir kommt die Geschichte eines jungen Mannes in den Sinn, der zu schüchtern war, um mit seiner Freundin zu schlafen, seine Vorstellungen auf einen Freund projizierte und dann eifersüchtig auf ihn wurde. Er malte sich genau das aus, was er als seinen eigenen Wunsch nicht zum Ausdruck bringen konnte.

CHARLOTTE: Zum Teufel mit der Sublimierung! Auch wenn die Angst auftaucht – Angst! Gewiß, ich möchte schreien – und tue es dann auch; oder schweigen im nächsten Moment, versinken in diesem Schweigen, überhaupt versinken. Kein Boden hält da mehr. Es geht durch alle Böden hindurch, eine rasende Fahrt in die Tiefe, in die Auflösung. Ich zersetze mich mitsamt diesem Gefühl, das sich nicht abschütteln läßt. Ob Schrei, Angst, Verstummen – ich will ihn dann halten, mit aller Kraft, an ihm rütteln, ihn einsperren, für immer für mich behalten. Das ist der unauflösbare Widerspruch in der Liebe: ihn halten wollen und es lassen müssen, um das Gewollte zu erreichen. Aber diese unmenschliche Kraft, die es erfordert, um dich zur Aufgabe deines direkten Wollens zu zwingen! Dann läßt sie wieder nach, die Kraft: Alles an dir ist zum Klammern verdammt. Du spürst diese Verdammnis bis in deine sich festkrallenden Finger. Das ist die Tat, auf die die Reue auf dem Fuße folgt. Wiedergutmachungen sind unmöglich! Und mit all dem soll ich aufhören? Nein! Ich liebe ihn!

GABRIEL: Ihn halten durch Selbstauslöschung? Ihn halten durch einen Wahn, in dem sich dein Ich in nichts auflöst?

LUCIA: Mir scheint, daß es sich lohnt, noch einmal all den kleinen Ausformungen dieser Wahnwelt der Eifersüchtigen zu folgen. Wir haben oben von dem körperlichen Zittern gesprochen, mir fallen die Ohnmachtsgefühle ein, der Schwindel, der Versuch, sich zu verstellen, die Unabhängige zu spielen, die Gleichgültige. Leider ist man ja in solchen Fällen so betont gleichgültig und unabhängig, daß es den Partner sofort stutzig macht.

HECTOR: Oh, ich kenne das: Du liegst im Bett, deine Freundin hat eine Verabredung mit einem anderen Mann, es wird später und später, du malst dir die Möglichkeiten aus, die ihre frühe Rückkehr verhindert haben könnten. Am liebsten wäre es dir, daß er ein so langweiliger, aber zugleich zäher Charakter ist, daß sie aus all dieser Langeweile und Zähigkeit und wegen ihrer Höflichkeit nur schwer einen Absprung finden konnte. Andere, für dich weniger positive Erklärungen kommen dir in den Sinn, doch du verscheuchst sie, bist ihnen gegenüber richtig ungehalten. Die Uhr tickt, die Minuten werden immer länger, die Blicke auf die Uhr finden in immer kürzeren Abständen statt. In dem Moment, in dem auf einmal ein Schlüssel in das Schlüsselloch der Wohnungstür gesteckt wird, hast du schon einen solchen Grad an Auflösung erreicht, daß du nur noch mit letzter Kraft einen Hauch von scheinbarer Ruhe in dir erzeugen kannst. Du nutzt diese knappe Minute, die sie von der Wohnungstür bis zu dir benötigt, um dir vorzunehmen, dir nichts anmerken zu lassen. Wie beiläufig fragst du sie nach dem Abend, gähnst, als wärst du gerade aus tiefem Schlaf aufgewacht, sprichst mit schläfriger Stimme. In deinem Innern aber sitzt einer auf der Lauer wie der Fuchs auf Hasenjagd. Kopf und Körper in gespannter Erwartung aller möglichen und ersehnten negativen Reden über den anderen Mann: Er soll häßlich sein, einen schlechten Geschmack haben, ein übelriechendes Parfüm benutzen und unmögliche politische und philosophische Ansichten haben. Doch dann kommt nichts von alledem: Es war ein sehr interessanter Abend, ein anregendes Gespräch und: "Du mußt ihn unbedingt mal kennenlernen." Da bricht es in dir los. "Ich will ihn nicht kennenlernen! Was habe ich mit diesem Typen zu tun!" Jetzt weiß sie natürlich, was los ist. Du spürst, wie du im wahrsten Sinne des Wortes 'dein Gesicht verlierst'. Auf einmal fühlst du dich mit diesem Ausbruch deiner innersten Gefühle häßlich werden. Eigentlich hast du sie ja mit deinem Verhalten von der Schönheit ihrer Beziehung mit dir überzeugen wollen, spontan, unmittelbar, und jetzt hast du ihr nichts anderes als den cholerischen Empfang eines Eifersüchtigen geboten.

LUCIA: Wie ich mich danach sehne, daß er mal in dieser Weise auf mich warten würde! Statt dessen höre ich, kaum daß ich den Kopf durch die Wohnungstür gesteckt habe, sein regelmäßiges, wonnevolles, behagliches Atmen. Dann ist es an mir, mich in Phantasien hineinzusteigern: Wie ruhig er schläft – ohne dich! Welch schöne Träume er wohl hat! Verflucht schöne Träume! Ich hasse die Schönheit dieser Träume und diesen ruhigen Schlaf! Ich hasse das Wonnevolle und Behagliche dieses Atmens! Ich will erwartet werden, mit aller Ungeduld! Meine Abwesenheit soll mit der absoluten Erwartung verknüpft sein!... Doch nichts von alledem. Ich lege mich daneben, schließlich schlafe ich auch ein. Am nächsten Morgen versuche ich, ein paar Worte über meine abendliche Verabredung fallen zu lassen. Er antwortet überrascht: "Ach stimmt ja, du warst gestern verabredet. Möchtest du auch einen Kaffee? Ich gehe mal einen kochen." Das ist wohl auch eine Art 'Therapie'...

JAN: Ja, du lernst auf diese Weise, für dich zu sein.

LUCIA: Manchmal möchte ich aber auch die Lektion des Zusammen-Daseins lernen.

ARTHUR: Würde in einer Beziehung nicht alles umgekrempelt, wenn der Partner aus solchen Verhaltensweisen ausbricht? Bei manchen scheint mir das Fehlen der Eifersucht des Partners zum Stachel für die Liebe zu werden.

REBECCA: Mein Ideal wäre die völlige Unberechenbarkeit: weder genau zu wissen, daß er eifersüchtig ist, noch sich seines tiefen Schlafs gewiß zu sein.

GABRIEL: Ein frei flottierender Charakter.

HECTOR: Zumindest müßte es ein Ausbrechen aus der Starre solcher klischeehafter Verhaltensvorstellungen geben.

SALOME: Auch eine Verabredung ohne den anderen ist eine kleine Trennung, und mit dem Zurückkehren steigere ich mich in die Vorstellung des Sich-Wiederfindens hinein.

ARTHUR: Dann bist du natürlich enttäuscht, wenn du nichts weiter findest als ein schlafendes Bündel.

HECTOR: Eine Asymmetrie in der Eifersucht gibt es in vielen Beziehungen. Daraus erwächst oft eine lebendige Spannung, aber auch ein Machtspiel.

LUCIA: Es gibt leise und unscheinbare Strategien, dieses Machtspiel auszutragen.

HECTOR: Ja, ich denke da an die Gestaltung des gemeinsamen Alltags. Suchen nicht eine Vielzahl der Einrichtungen des Alltags die Möglichkeiten für ein Eifersüchtig-Werden zu unterbinden? In vielen kleinen Bereichen sicherst du dir nach und nach deine Unentbehrlichkeit.

CHARLOTTE: Niemand kennt so gut die Stellen, auf die du deine Hände legen mußt, wenn er Kopfschmerzen hat. Niemand sonst weiß, daß du in die Milchtüte immer hinten noch ein kleines Loch schneiden mußt, weil er nicht leiden kann, wenn die Milch beim Ausgießen überschwappt. Und du weißt ganz genau, daß eine Frau bei ihm keine Chance hat, die all diese Kleinigkeiten, die dir bereits in Fleisch und Blut übergegangen sind, nicht beachtet.

HECTOR: Man muß es so überspitzt sagen: Im Alltag wird diese Eifer-Sucht zu einer Suche nach den undichten Stellen in der Beziehung, die man zukitten will, um nichts mehr anbrennen zu lassen. Es ist ein wasserdichtes Abschotten, bis es unaufhaltbar zerbricht.

ARTHUR: Ich kann nicht verstehen, daß in unserem Gespräch die Eifersucht immer noch als eine Sorge um den anderen Menschen dargestellt wird. Mir erscheint sie vielmehr als sehr egozentrisch, narzißtisch. Was gibt die Eifersucht denn dem anderen Menschen? Handelt es sich dabei nicht um eine ungeheuerliche und nicht zu erfüllende Forderung, nämlich in allem auf den Partner bezogen zu sein und seiner Sucht, alles auf sich beziehen zu wollen, entgegenzukommen? Weil in Wahrheit ein Hunger nach Selbstbestätigung besteht? Die narzißtische Natur der Eifersucht wird dadurch bewiesen, daß sie oft richtungslos bleibt, daß sie häufig gar nicht weiß, auf wen oder was sie sich bezieht. Sie ist Ausdruck eines leeren Egos. Man will voll werden vom anderen, ihn einverleiben, sich endlich an ihm sättigen, seinen Liebeshunger ein für allemal stillen.

JUDITH: Das bedeutet also, daß die Eifersucht überwunden werden muß.

SALOME: Es kann nicht wirklich um eine Überwindung gehen, denn dann würde ich den anderen in meinem Inneren auslöschen. Das völlige Fehlen von Eifersucht scheint mir nur Ausdruck einer – vormals gewaltigen – Sprengung der Brücke zu sein, über die ich mich zu dem Geliebten hinphantasiere. Es macht auf mich den Eindruck, als weigere sich jemand – und diese Weigerung beruht wohl auf seiner Geschichte –, seiner Vorstellungskraft bezüglich des anderen so freien Lauf zu lassen, daß es ihm Schmerzen bereiten könnte. Lieber besteht man auf der Sprengung der Brücke. Mir scheint, die Eifersucht hat etwas mit dem Freiwerden von Phantasien zu tun, die sich an dem anderen entzünden. Insofern ist sie nicht egozentrisch. Ich würde mir eher einen möglichst freien, spielerischen Umgang mit diesen Phantasien wünschen als ihre Überwindung. Sie zulassen und zum Ausdruck bringen, um zu verhindern, daß man von ihnen bestimmt wird.

HECTOR: Vielleicht ist die Eifersucht ein altmodisches Gefühl, aber ich bleibe dabei.

REBECCA: Wie ich manchmal den eifersüchtigen Eiferer im Nachhinein lieben kann! Zwei Seiten haben die Geschichten, die er erfindet: Die eine Seite malt die Farben seiner Liebe aus. Nie hat einer so bunt geliebt, mit vollen Händen die Gaben seiner Liebe vor dir ausgeschüttet. Doch dann meint er zu merken: Er hat sie verschüttet, vergeudet, verschwendet! Du bist eine seiner Liebe und seinem ganzen Reichtum unwürdige Person, eine Schlampe bist du, eine Hure. Stets darauf bedacht, den anderen schöne Augen zu machen. Mit deinem unendlichen gierigen Hunger nach anderen Männern hast du die Farben der Liebe geschwärzt. Letztlich ist alles an dir Habgier und unersättlicher Hunger. Nie mehr wirst du in der Lage sein, wiedergutzumachen, was du an Liebe zerstört hast. Ein letztes Mal will er dich sehen, dann will er für immer gehen. Heute mußt du dich von ihm verabschieden. Die zerrissenen Fotos schmeißt er dir vor die Füße. Und dann schmeißt er sich hinterher, bittet um Vergebung, sagt, daß er diesmal zu hart zu dir gewesen sei. Wir werden uns wiedersehen.